Trockenheit

"Die Spree fließt rückwärts" - wegen Wassermangels

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Joachim Fahrun
Boote und Flöße auf der Spree

Boote und Flöße auf der Spree

Foto: Paul Zinken / dpa

Aufgrund anhaltender Trockenheit wird bereits aus Speichern Wasser in die Spree abgegeben. Die Reserven sind jedoch bald erschöpft.

Berlin. Der Wasserstand der Spree droht infolge des trockenen Sommers und der auch im Herbst ausbleibenden Niederschläge auch in Berlin deutlich abzusinken. Berlins Umweltstaatssekretär Stefan Tidow (Grüne) sagte im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses am Donnerstag, seit Wochen werde aus Speichern und Talsperren in Brandenburg und Sachsen Wasser in den Fluss abgegeben.

Diese Reserven seien jedoch in zwei Wochen erschöpft. „Ohne Stützungsmaßnahmen fällt der Wasserstand, weil der Zufluss nach Berlin steht“, so Tidow. Schon heute sei die Fließgeschwindigkeit der Spree in Berlin sehr gering. Aus den Schleusen etwa am Mühlendamm komme es bereits zu Rückströmen von Klarwasser in den Müggelsee. „Die Spree fließt rückwärts“, sagte der Staatssekretär.

Wasser aus dem Flusssystem von Oder und Neiße ins hydrologische Einzugsgebiet der Spree zu leiten, sei nicht möglich, weil auch dort die Pegelstände sehr niedrig seien. In Brandenburg und Sachsen werde es verboten, Wasser aus der Spree zu entnehmen. Das betreffe Industriebetriebe, Landwirte und die Fischwirtschaft. Der Bergbau in der Lausitz habe die Einleitung von Grubenwasser in den Fluss schon reduziert, dennoch droht der Spreewald durch Eisenschlamm und Sulfat zu verockern. In Berlin müsste der Betrieb der Schleusen und in der Folge die Schifffahrt eingestellt werden.

Versorgung mit Trinkwasser ist noch lange nicht gefährdet

Die Trinkwasserversorgung, die vor allem aus den Grundwasserreserven unterhalb des Stadtgebiets erfolgt, sei aber nicht gefährdet, versicherte der Staatssekretär. Er hoffe auf Regen, damit sich die Speicher wieder füllen. Aber durch die niedrigen Wasserstände würden die schwierige Niederschlagssituation in der Region und die Folgen des Klimawandels sichtbar, auf die sich Berlin einstellen müsse.

Zwar hat es in der Region Berlin- Brandenburg immer mal wieder auch extrem trockene Sommer gegeben. Aber noch nie war es parallel dazu auch so warm, was zusätzlich viel Wasser aus Flüssen und Seen verdunsten ließ. „Die Lage ist ernst“, sagte Stefan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe. Ohne die Staustufen mit ihren Schleusen würde die Spree aussehen wie der kleine Nebenfluss Panke.

Dennoch sei der Kreislauf, aus dem Berlins Trinkwasser gewonnen wird, noch lange nicht gefährdet. Die Brunnen saugen an den Ufern von Spree und Havel zum einen echtes Grundwasser an, aber auch Wasser aus den Flüssen selbst, das durch den Untergrund gefiltert wird. Die Wasserwerke sind also auf „große benetzte Flächen“ angewiesen, wie es Natz ausdrückt.

Zwar zieht Berlin die 600.000 Kubikmeter Wasser, die täglich benötigt werden, zum Großteil aus den Wasserwerken an der Havel. Aber ein Viertel steuert das Wasserwerk Friedrichshagen am Müggelsee bei. Hier könnte es Probleme geben, wenn es infolge der Trockenheit nicht mehr genügend sauberes Wasser in der Spree gebe und stattdessen durch die Folgen des Braunkohlebergbaus eine „Sulfatsuppe“ aus der Lausitz Richtung Berlin fließe. Man könne zwar 40.000 Kubikmeter aus Friedrichshagen durch andere Wasserwerke ersetzen, aber eben nicht 100.000 oder mehr, so der Sprecher der Wasserbetriebe. Das liege weniger an den Produktionskapazitäten, sondern an den Möglichkeiten des städtischen Kanalnetzes.

Bei Berlins Wasserversorger machen sich die Experten aber Gedanken, was passiert, wenn die Niederschlagsmengen in der Region dauerhaft unter die im Durchschnitt 580 Millimeter pro Quadratmeter jährlich sinken sollten. In Städten wie München oder Hamburg regnet es doppelt so viel.

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