Berlin. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen ihre jahrelange Praxis, einige Bahnhöfe im Winter nachts für Obdachlose zu öffnen, überdenken. Das berichtete die Berliner Morgenpost am Montag – und löste eine heftige Debatte aus.
„Die Entscheidung der BVG ist nicht nachvollziehbar, denn die Öffnung einiger Bahnhöfe findet trotz der genannten Punkte seit Jahren statt; trotz Starkstrom und hygienischer Probleme. Die BVG scheint zu denken, dass coole Werbeslogans wichtiger sind als praktische Kältehilfe“, kritisierte Thomas Seerig, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. BVG-Chefin Sigrid Nikutta hatte gegenüber dieser Zeitung vor allem Sicherheitsbedenken geäußert. Nachts bleibe beispielsweise der Starkstrom im Gleisbereich eingeschaltet. „Bei nicht selten mehreren Dutzend Menschen im Bahnhof, die oft unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, ist das buchstäblich lebensgefährlich“, sagte Nikutta. Außerdem werde der BVG die Verantwortung für diese Menschen übertragen, dafür seien die Mitarbeiter aber nicht ausgebildet. Nikutta verwies auf die ausreichende Anzahl von Notübernachtungsplätzen in der Stadt – die auch mit finanzieller Unterstützung der BVG geschaffen worden seien.
„Unwürdig, dass Menschen in U-Bahnhöfen schlafen“
„Wenn wir an bitterkalte Wintermonate denken, dann braucht es die städtischen und privaten Notübernachtungsplätze, aber eben auch schutzgebende Bahnhöfe“, sagte dagegen Maik Penn, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Die Zahl der Obdachlosen in Berlin wachse, insbesondere aus dem osteuropäischen Raum. Er habe Verständnis für die BVG, die auch im Interesse der Sicherheit handeln müsse. „Dennoch bitte ich Sie, wenigstens punktuelle Möglichkeiten zu schaffen, sodass es weiterhin Bahnhöfe gibt, in denen man halbwegs Schutz suchen kann“, appellierte er an die BVG.
Unterstützung bekam die BVG-Chefin von Berlins grüner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, die zugleich BVG-Aufsichtsratsvorsitzende ist. „Die BVG wird ihren Beitrag zur Unterstützung der Kältehilfe leisten, aber grundsätzliche Lösungen zu Wohnungslosigkeit können nicht Aufgabe der BVG sein“, sagte Pop. Hier sei die Sozialverwaltung gefragt. Auch Hermann Pfahler, Sprecher der Landesarmutskonferenz Berlin betonte, es sei „unwürdig, dass Menschen in einer Stadt wie Berlin, in der es viele Unterbringungen gibt und noch mehr geben könnte, in U-Bahnhöfen schlafen. Diese Menschen brauchen einen warmen Raum und die Möglichkeit, Waschräume und Toiletten zu nutzen.“ Er gehe davon aus, dass der derzeitige Senat solche Unterkünfte schaffe.
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