Berlin. Kurswechsel in Berlin: Die SPD, die den rot-rot-grünen Senat anführt, will in der Drogenpolitik umsteuern und Cannabis legalisieren. Für den SPD-Landesparteitag im November liegt ein Antrag vor, der gute Chancen hat, beschlossen zu werden. Darin fordern die Berliner Sozialdemokraten nun die „staatlich kontrollierte Produktion und Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene und deren legalen Besitz“.
Als Zwischenschritt sollen die bundesrechtlichen Regeln so verändert werden, dass künftig die Bundesländer die Möglichkeit haben, wissenschaftliche Modellprojekte zur Abgabe von Cannabis selbst zuzulassen und durchzuführen.
Bisherige Cannabis-Politik gescheitert
Zuletzt hatte sich auch der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, der CDU-Politiker Erwin Rüddel, für solche Modellversuche ausgesprochen. Bisher hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte solche Anträge stets abgelehnt. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), sieht eine Freigabe kritisch. Sie und andere Befürworter des Verbots befürchten, dass mit zunehmender Verfügbarkeit auch der Konsum des Rauschmittels steige.
Wenn nun auch die SPD für die Entkriminalisierung von Marihuana und Haschisch eintritt, würde Berlins rot-rot-grüne Koalition zu dem Thema Legalisierung mit einer Stimme sprechen und entsprechend agieren können. „Die auf Verboten und Kriminalisierung basierende aktuelle Cannabis-Politik ist gescheitert“, sagte der SPD-Politiker Thomas Isenberg. Sie halte mehrere Millionen Menschen in Deutschland „nicht vom Konsum ab, dafür aber unsere Polizei und Justiz von ihrer Arbeit“. So zeigen Studien, dass trotz Verbots heute mehr junge Berliner Haschisch konsumieren als vor 20 Jahren. Demnach haben in Berlin 55 Prozent der 15- bis 39-Jährigen schon einmal Cannabis probiert.
Verbot schadet auch Gesundheitsschutz
Aus Sicht Isenbergs schadet der bisherige harte Kurs sogar dem Gesundheitsschutz. Kunden müssten auf dem Schwarzmarkt womöglich gepanschte Drogen kaufen. Prävention bei suchtgefährdeten Jugendlichen werde erschwert. „Solange das Rauchen von Marihuana verboten ist, kommen wir viel schwerer an die Betroffenen heran“, so Isenberg. Mit den bei einer Legalisierung unter anderem bei Polizei und Justiz frei werdenden Ressourcen möchten die Sozialdemokraten das Suchthilfe-System ausbauen.
Die SPD möchte eine Abgabe in Apotheken oder Fachgeschäften. Die Droge sollte wie Alkohol und Tabak besteuert werden, Werbung verboten bleiben. Ziel sei nicht, eine „boomende Kiffer-Industrie“ zu schaffen, wie sie in anderen Staaten nach der Freigabe entstanden sei, hieß es.
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