Kommentar

Verkehrsprojekt: Radstrategie in Schlangenlinien

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Radeln mit Hindernissen: Auf der Schönhauser Allee bleibt Radfahrern bislang nur ein schmaler Streifen

Radeln mit Hindernissen: Auf der Schönhauser Allee bleibt Radfahrern bislang nur ein schmaler Streifen

Foto: Thomas Schubert

Der Umbau der Schönhauser Allee scheitert an Kurzsichtigkeit, findet Thomas Schubert

Die Schönhauser Allee hätte das Zeug zu einer Vorzeigestraße für zufriedene Radfahrer und Flaneure. Und an Visionen, wie sich Raum gewinnen lässt für den umweltfreundlichen Verkehr, und wie sich der motorisierte Verkehr im Gegenzug ausbremsen lässt, hat es nie gemangelt. Den Autofahrern in Prenzlauer Berg einen einzigen Fahrstreifen wegzunehmen, um ihn den Radfahrern zu schenken, war noch eine der vorsichtigen Überlegungen.

Radikale Zukunftsmodelle des dänischen Büros Gehl Architects sahen sogar vor, Autos von der östlichen Seite der U-Bahntrasse vollkommen zu verbannen. Zur Erinnerung: Eben diesem Architekturbüro war es auch gelungen, den verkehrsumtosten Times Square in Manhattan in einen Stadtplatz zu verwandeln, an dem Touristen mit lebenden Plüschfiguren für Fotos posieren. Diese Operation an einem weltbekannten Wahrzeichen ist dank des Rückhalts der New Yorker Stadtplaner geglückt.

Und die Schönhauser Allee? Auch wenn der Wille zum Wandel beim rot-rot-grünen Senat vorhanden ist, droht der Umbau zu scheitern. Selbst die Umwidmung einer einzigen Fahrspur für Radfahrer scheint die Planer zu überfordern. Das liegt nicht nur an offenen Fragen bei der Finanzierung. Die Entscheidungsträger entdecken jetzt auch Schwierigkeiten, vor denen Kritiker des Projekts lange gewarnt haben.

Wenn es für Autos auf einer verengten Schönhauser Allee kein schnelles Durchkommen mehr gäbe, entstünden Ausweichrouten auf anderen Straßen im Kiez. Ein Schritt in Richtung Verkehrswende wäre schlimmstenfalls auch ein Schwenk in Richtung Verkehrskollaps.

Dass man erst Pläne vorstellt und Monate später die Probleme erkennt, zeugt nicht von Weitblick. Und zeigt: Wer sich im Kampf für Flächengerechtigkeit zwischen Auto und Fahrrad nur auf einzelne Straßen fixiert oder auf eine einzelne Spur, droht sich in der großen Stadt zu verlieren.

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