Berlin. Das lesbisch-schwule Motzstraßenfest wird noch bis Sonntagabend im Schöneberger Regenbogenkiez gefeiert.
„Es ist schon größer geworden, aber immer noch so toll wie früher“, sagt Günther Mischutz, während er am Sonnabendnachmittag vor der Kneipe „Tramp’s“ an der Kalkreuthstraße auf seinen Mann und ein paar Freunde wartet. Früher habe er selbst im Regenbogenkiez gelebt. Heute wohnt er in Hamburg und kommt gern zum lesbisch-schwulen Stadtfest nach Schöneberg. „Hier kann einfach jeder so sein, wie er ist“, sagt der 53-Jährige.
Bereits zum 26. Mal und noch bis Sonntagabend lädt der Verein Regenbogenfonds unter dem Motto „Gleiche Rechte für Ungleiche – weltweit“ zum Feiern rund um den Nollendorfplatz. Auf den Bühnen erwartet die Besucher ein Programm mit Karaoke, Kabarett und Konzerten von Schlager über Hip-Hop bis Techno. „Wir wollen, dass sich jeder hier zeigt und wohlfühlt“, sagt Organisator Detlef Hildebrand. Mit rund 400.000 Besuchern rechnet er an diesem Wochenende. Angefangen hat alles 1993, nachdem es Konflikte im Kiez gegeben habe, erinnert sich Hildebrand. Damals hätten Polizei und das Berliner Antigewaltprojekt „Maneo“ vorgeschlagen, ein Kiezfest zu veranstalten, um die Lage zu entspannen. „Daraus wurde dann die größte Veranstaltung dieser Art in Europa.“
Zwischen den Bühnen präsentieren sich rund 100 Gruppen, Vereine und Verbände, aber auch kommerzielle Anbieter wie Versicherungen oder Möbelhäuser – und fast alle im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien. Einzig die AfD habe man nicht eingeladen, so Hildebrand. Denn diese würde den Zielen des Fests, allen voran der Integration, entgegenstehen.
Die Aussteller könnten unterschiedlicher nicht sein. So finden sich zahlreiche schwul-lesbische Freizeitvereine wie Sportgruppen, eine Schuhplattlertruppe, ein Schachverein oder der Chor „Männer-Minne“. Die rund 30 Sänger würden vor allem Chansons und Titel aus Musicals darbieten, sagt Olaf Müller. Gegründet habe sich der Chor 1987. „Viele solcher Vereine sind zu dieser Zeit entstanden“, so Müller. Denn kurz nach Beginn der Aidswelle Mitte der Achtziger habe es bei vielen Schwulen das Bedürfnis nach Treffen in verbindlichen Gruppen gegeben. „Viele haben dann entdeckt, was sie vor ihrem Outing gemocht haben, wie etwa das Singen.“ Ein Stück weiter klärt das vom Senat finanzierte Präventionsprojekt Man Check Berlin über sexuell übertragbare Krankheiten auf. Manche Gruppen sind zum ersten Mal dabei – wie der Arbeitskreis homosexueller Angehöriger der Bundeswehr, der sich für die Verbesserung der Situation schwuler, lesbischer und transsexueller Soldaten in der Truppe einsetzt.
Doch das Motzstraßenfest zieht nicht nur homo- und transsexuelle Besucher an. Laut einer Erhebung von Visitberlin sind 40 Prozent der Besucher heterosexuell. Dazu gehörten auch Oliver und Lisa aus Dänemark: „Wir finden es hier total toll. Es ist so friedlich.“
Das Motzstraßenfest findet am Sonntag noch von 11 bis 22 Uhr entlang der Motz-, Eisenacher-, Fugger- und Kalkreuthstraße statt. Die Pride Weeks enden am kommenden Sonnabend mit dem Umzug zum 40. Christopher Street Day.