Berlin. Auf den Brandbrief an die Abgeordneten hat der Landesfeuerwehrverband keine Reaktion erhalten. Jetzt startet eine Online-Petition.
Um einen Kollaps der Berliner Feuerwehr zu verhindern, braucht es 100 Millionen Euro. Diese Summe hat der Landesfeuerwehrverband Berlin errechnet.
Der Verbandsvorsitzende Sascha Guzy hatte sich kürzlich mit einem Brandbrief, in dem er auf die katastrophale Situation bei der Feuerwehr aufmerksam macht, an alle Parteien des Abgeordnetenhauses gewandt. Weil er kaum Antworten bekam, hat Guzy nun eine Petition im Internet gestartet.
„Wir fordern mindestens 100 Millionen Euro Soforthilfe für die Anschaffung von modernen Löschfahrzeugen, gefolgt von einem Sonderförderungsprogramm für moderne Einsatzfahrzeuge“, schreibt Guzy. Die derzeit von der Senatsinnenverwaltung eingeplanten Mittel von zehn Millionen für neue Löschfahrzeuge seien nicht ausreichend. „Wir sind nicht irgendein Verein, der ein neues Haus braucht. Wenn wir nicht handlungsfähig sind, betrifft das alle Berliner“, sagte Guzy der Berliner Morgenpost.

Wie berichtet, haben 87 von insgesamt 108 Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeugen der Berliner Feuerwehr ihre vorgesehene Nutzungsdauer von 14 Jahren überschritten. Die Fahrzeuge haben zum Teil erhebliche Altererscheinungen von Korrosionsschäden bis hin zu Undichtigkeiten. Immer häufiger würden sich die Berufsfeuerwehren zudem am Fuhrpark der Freiwilligen Feuerwehren bedienen.
Im Katastrophenschutz sieht es noch düsterer aus. Von 41 Katastrophenschutzfahrzeugen werden in diesem Jahr 21 Fahrzeuge ausgesondert. Laut Landesfeuerwehrverband stehen im Jahr 2020 damit nur noch acht Fahrzeuge für den Katastrophenschutz zur Verfügung.
Von ehemals fünf Brandschutzbereitschaften (BSB), die aus mehreren Fahrzeugen bestehen und für Extremlagen zurückgehalten werden, existieren noch vier und im Jahr 2020 nur noch eine. Die Brandschutzbereitschaften waren bei den Jahrhunderthochwassern zur Amtshilfe außerhalb Berlins, aber auch im Herbst 2017 zur Bewältigung der Stürme „Xavier“ und „Herwart“ und der Folgeschäden im Einsatz.
Bei Großeinsätzen arbeitet die Feuerwehr am Limit
Wie sehr die Berliner Feuerwehr am Limit fährt, sieht man vor allem bei Großeinsätzen. Zuletzt war das etwa Mitte April beim Brand auf dem alten Schlachthof-Gelände nahe der S-Bahn-Station an der Landsberger Allee der Fall. Der Brand war in der größten der drei leerstehenden Hallen ausgebrochen. Mehr als 200 Feuerwehrleute waren 18 Stunden im Einsatz, um das Feuer auf dem schwer zugänglichen Gelände zu löschen.
In einer internen Auswertung, die der Berliner Morgenpost vorliegt, heißt es: „Aufgrund der ohnehin schwachen Tagesstärke mussten Kräfte mehrmals eingesetzt werden“. Mindestens acht Löschfahrzeuge konnten bauartbedingt keinen Löschschaum geben. Und ein weiteres Fahrzeug, das dazu ausgerüstet gewesen wäre, „musste mit einem Defekt ausgetauscht werden“, heißt es in dem Bericht weiter. Intern wird schon länger davor gewarnt, dass die Berliner Feuerwehr zwei Großlagen in der Stadt nicht meistern könnte.

„Es muss dringend was passieren. Aber theoretisch ist es eigentlich schon zu spät“, sagte Guzy. Auf seinen Brief habe es so gut wie keine Reaktion gegeben. Einzig der Fraktionsvorsitzende der CDU im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, habe nach dem Schreiben das Gespräch mit ihm gesucht. Von der rot-rot-grünen Regierungskoalition sei nichts gekommen. „Das ist wirklich sehr schade“, so Guzy weiter.
Senat soll Verantwortung übernehmen
„Wir erwarten, dass der Senat seiner Verantwortung nachkommt und der Berliner Feuerwehr die nötigen Mittel zur Gefahrenabwehr - ausreichende moderne Fahrzeuge für den Regeleinsatzdienst und für den Katastrophenschutz – bereitstellt“, heißt es in der Petition des Landesfeuerwehrverbandes, die bis zum Dienstagmorgen mehr als 2200 Menschen auf der Internetseite openpetition.de unterzeichnet hatten.
Die Aktion soll noch drei Monate laufen. Wenn die Grenze von 11.000 Unterstützern erreicht ist, soll die Petition an das Abgeordnetenhaus übergeben werden.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte den Feuerwehrleuten nach Protesten höhere Zulagen, neue Technik und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit verspochen. Geisel betonte, bereits mit dem Haushalt 2018/2019 sei die Trendwende zu der angespannten Situation eingeläutet worden. 350 zusätzliche Stellen werden eingerichtet, für 8,7 Millionen Euro 94 neue Fahrzeuge angeschafft.