Berliner Aids-Hilfe

Jens Ahrens: Berlin ist eine Metropole für HIV

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Nina Kugler
Jens Ahrens, Leiter für Prävention in der Berliner Aids-Hilfe

Jens Ahrens, Leiter für Prävention in der Berliner Aids-Hilfe

Foto: Jens Ahrens

Jens Ahrens von der Berliner Aidshilfe erklärt, wie die Hauptstadt die tödliche Krankheit bekämpfen will. Er setzt auf Prävention.

Berlin. „Wir sind eine Metropole für HIV“, sagt Jens Ahrens, Leiter für Prävention in der Berliner Aids-Hilfe. Denn Berlin ist die Stadt mit den meisten HIV-Infektionen in Deutschland. „Und das wollen wir natürlich ändern“, sagt Ahrens. 28 fest angestellte sowie 240 ehrenamtliche Mitarbeiter stehen dem Verein zur Seite. Und der Berliner Senat.

Denn Berlin hat sich 2016 – als bislang einzige Stadt in Deutschland – der weltweiten Initiative „Fast-Track Cities Initiative To End Aids“ angeschlossen, die bis zum Jahr 2030 die Aids-Epidemie in Städten beenden will. Mehrere Millionen Euro stellt die Stadt Berlin daher für die Bekämpfung der lebensgefährlichen Krankheit zur Verfügung. Dass davon auch die Berliner Aids-Hilfe profitiert, ist einmalig in Deutschland. Denn eigentlich finanzieren sich die Aids-Hilfe-Vereine in den Bundesländern über Spenden.

Insgesamt 2,1 Millionen Euro stellt Berlin im Rahmen der „Fast-Track Cities“-Initiative verschiedenen Test- und Behandlungsprojekten für homosexuelle Männer zur Verfügung. Außerdem können über diesen Topf bis zu 500 Menschen in sozialer Not mit Prophylaxe-Tabletten, kurz PrEP, versorgt werden. Diese Tabletten galten noch bis vor Kurzem wegen ihres hohen Preises außerhalb des Schwarzmarktes als kaum zugänglich. Mittlerweile sind sie in Apotheken ab 50 Euro erhältlich.

Jedes Jahr sollen zudem 1,5 Millionen Euro in eine sogenannte Clearingstelle fließen. Hier sollen Menschen ohne Krankenversicherung medizinisch versorgt werden. Ein Fokus liegt dabei auf Zuwanderern, die keinen Aufenthaltsstatus haben. Ihnen, aber auch allgemein Menschen ohne Krankenversicherung – unabhängig von Gesundheitsproblemen – soll der Weg in die Behandlung geebnet werden. Wer sich ohne Papiere in Berlin aufhält, kann sich hier dann zum Beispiel einen anonymen Krankenschein ausstellen lassen. Behandlungskosten werden dann von einem Notfallfonds übernommen.

Senat setzt vermehrt auf Präventionsangebote

Doch der Berliner Senat setzt auch auf Präventionsangebote: Neben der Einrichtung zweier neuer Drogenkonsumräume und einer weiteren Einrichtung für die Diamorphinbehandlung, wird auch die Entwicklung und Erprobung eines Präventionsprojekts in der homosexuellen Partyszene finanziert. Kostenpunkt für die Jahre 2018/19: 1,3 Millionen Euro.

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) betonte bereits im Winter 2017 im Rahmen des „HIV im Dialog“-Kongresses: „Wir müssen bei der Prävention ansetzen.“ Trotz der heutzutage möglichen medikamentösen Prophylaxe sind auch Kondome nicht aus der Mode gekommen. Sie sind wichtig, auch weil eine Zunahme anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen beobachtet wird, sagte Kolat.

Insgesamt hat das „Fast-Track Cities“-Programm vier große Ziele, die bis zum Jahr 2020 erreicht werden sollen: 90 Prozent der Menschen mit HIV wissen von ihrer Infektion, 90 Prozent erhalten eine Therapie, bei 90 Prozent davon ist HIV nicht mehr nachweisbar. Ein weiteres Ziel: Null Diskriminierung von Menschen mit HIV.

Laut einer Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) infiziert sich in Berlin jeden Tag mindestens ein Mensch neu mit dem HI-Virus. Im Jahr 2016 wurden rund 380 Neudiagnosen gezählt. 79 Prozent davon waren homosexuelle Männer. Insgesamt leben den Schätzungen zufolge mindestens 15.900 Menschen mit HIV in Berlin. Und 1700 von ihnen wissen noch nichts von ihrer Infektion. Damit ist die Zahl der Neuinfektionen in Berlin trotz Aufklärungskampagnen und Medikamenten seit einigen Jahren nahezu unverändert.

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