Parlamentsausschuss

Donnergrollen in Saal 311: CDU rechnet mit Linken ab

| Lesedauer: 5 Minuten
Nachvollziehbar oder schlicht kriminell? Hausbesetzer, wie hier in der Bornsdorfer Straße in  Neukölln, lassen die rot-rot-grüne Koalition abermals heiß laufen

Nachvollziehbar oder schlicht kriminell? Hausbesetzer, wie hier in der Bornsdorfer Straße in Neukölln, lassen die rot-rot-grüne Koalition abermals heiß laufen

Foto: imago stock / imago/Christian Mang

Nach den Hausbesetzungen in Berlin nutzt die CDU eine Parlamentssitzung für einen Frontalangriff auf die Linke.

Berlin. Die dunklen Wolken waren schon am Mittag aufgezogen. Um kurz nach zwei Uhr polterte der Donner über dem Preußischen Landtag dann richtig los, und der Himmel wurde von Blitzen erleuchtet. Zur Debatte im Parlamentsausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen am Mittwochnachmittag passte das ganz gut. Denn auch hier, im Saal 311, war wenige Minuten zuvor Gewitterstimmung ausgebrochen.

Grund war eine Aussprache zu den Hausbesetzungen vor nunmehr elf Tagen. Auf die Tagesordnung war der Punkt von der CDU gesetzt worden. Aus Sicht der Oppositionspartei ein kluger Schachzug. Denn Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), vor allem aber Parlamentarier ihrer Partei hatten deutlich gemacht, dass sie die Aktion, die Juristen nüchtern als rechtswidrigen Hausfriedensbruch bezeichnen, ganz in Ordnung fanden. „Hausbesetzungen: Senat und Rot-Rot-Grün müssen ihr Verhältnis zu Recht und Ordnung klären“, lautete denn auch der Titel, unter dem die CDU die Besprechung angemeldet hatte.

Dass es weniger um handfeste Sachpolitik, sondern eher um einen symbolträchtigen Schlagabtausch gehen würde, schien allen klar zu sein – und die Volksvertreter hatten sich offenbar vorgenommen, die Erwartung, auf den Tisch zu hauen, zu erfüllen. Mit der Einschätzung, dass der Sachverhalt „unglaublich“ sei, eröffnete denn auch der baupolitische Sprecher der CDU, Christian Gräff, den parteiübergreifenden Versuch, dem meteorologischen Gewittersturm mit rhetorischen Mitteln den Rang abzulaufen. Lompschers verständnisvolle Äußerungen über die rechtswidrigen Besetzungen hätten gezeigt, „dass diese Senatorin nicht mehr auf der Grundlage von Recht und Gesetz handelt“. So ging es weiter. Gräff sprach von einem „Skandal“, flocht hier und da ein „unfassbar“ ein, um dann zum erhofften K.-o.-Schlag auszuholen: „Frau Senatorin, Sie schaffen mit dieser Äußerung ein Klima, dass Menschen in dieser Stadt gegen Recht und Gesetz verstoßen.“

Senatorin fand die Motive der Besetzer „nachvollziehbar“

Was war passiert? Nach einer Reihe von in der Mehrzahl eher symbolischen Besetzungen leer stehender Häuser hatte Lompscher den Aktivisten attestiert, „ein deutliches politisches Zeichen“ gesetzt zu haben und deren Motivlage als „nachvollziehbar“ bezeichnet. Eine Verurteilung des offenkundigen Rechtsbruchs aus dem Mund der Regierungspolitikerin wurde nicht überliefert. Einen Grund, ihre Äußerungen geradezurücken, sah Lompscher auch vor den Volksvertretern dennoch nicht. Bei der CDU-Verbalattacke wedelte sie mit ihrem Fächer einen Tick schneller. Dann aber wiederholte sie betont unaufgeregt, dass sie die Motivlage der Besetzer tatsächlich nachvollziehen könne. Sie habe zudem deutlich gemacht, „dass es strafrechtliche Konsequenzen haben kann.“

Dann war die Linke-Politikerin Katalin Gennburg an der Reihe – und die Opposition konnte auf weitere in rechtsstaatlicher Hinsicht zweifelhafte Äußerungen hoffen. Denn schon unmittelbar nach den Besetzungen hatte Gennburg diese als „legitimes Mittel“ bezeichnet und zur Begründung ihrer Position – trotz eines kaum noch messbaren Leerstands – Enteignungen zu Spekulationszwecken ins Feld geführt hatte. Im Ausschuss hielt sich die Linke-Abgeordnete indes zurück. Sie lobte die Haltung, die der damalige Regierende Bürgermeister Hans-Jochen Vogel Anfang der 1980er-Jahre zu Besetzungen gezeigt habe – mehr nicht.

Weitere Gewitter sind nicht ausgeschlossen

Der polternde Donner außerhalb des Parlamentsgebäudes hatte sich inzwischen zu einem wahren Grollen erhoben – und nun war mit der Abgeordneten Iris Spranger die Rednerin an der Reihe, deren Beitrag politisch der spannendste sein sollte. Denn Spranger gehört der SPD an – und als solche distanzierte sie sich von den rechtsstaatlich zweifelhaften Aussagen aus den Reihen des linken Koalitionspartners erneut recht deutlich. „Koalitionskrach“, frohlockte spontan denn auch der FDP-Politiker Stefan Förster. Nicht ohne Grund. Denn Spranger führte aus, dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Innensenator Andreas Geisel, beide SPD-Politiker, die Besetzungen klar verurteilt hätten. Bausenatorin Lompscher erwähnte Spranger dagegen mit keinem Wort. Stattdessen sagte sie Sätze wie: „Wir werden die Hausbesetzungen nicht so akzeptieren wie andere das wollen.“ Ein klarer Seitenhieb auf die Linke.

Am kommenden Dienstag will sich übrigens auch der Koalitionsausschuss aus SPD, Linke und Grünen mit dem Thema Hausbesetzungen befassen. Die Meteorologen sagen für diesen Tag Sonnenschein mit ein paar harmlosen Wolken voraus. Die Voraussagen könnten sich aber noch ändern. Weitere Gewitter nicht ausgeschlossen.

Mehr zum Thema:

Mieterverein zu Besetzung: "Da hat sich viel Wut angestaut"

Berliner Linke: Hausbesetzer sollen straffrei bleiben

Besetzung: SPD-Politiker kritisiert Linke und Grüne scharf

Hausbesetzungen in Berlin: Senat streitet wegen Räumung