Berliner Bäder

Kein Duschen in Berliner Sommerbädern - wegen Bakterien

| Lesedauer: 5 Minuten
Andreas Abel, Joachim Fahrun, Milica Nikolic
Wie rettet man jemanden vor dem Ertrinken?

Wie rettet man jemanden vor dem Ertrinken?

Prüfen, ob ein Rettungsschwimmer in der Nähe ist. Jemanden vor dem Ertrinken zu retten, kann sehr gefährlich sein. Wer kein guter Schwimmer ist, sollte von einem Rettungsversuch absehen.

Beschreibung anzeigen

Wegen Legionellen bleiben in den Sommerbädern Prinzenbad und Olympiastadion die meisten Duschen geschlossen.

Berlin. „Es war eine einzige Katastrophe“, erzählt Gitta Herrmann aus Charlottenburg über ihren Besuch am vergangenen Sonntag im Sommerbad Olympiastadion. An heißen Tagen wie diesem geht die Rentnerin gerne schwimmen. Doch am Sonntag wäre sie lieber zu Hause geblieben: „Bereits an der Kasse war ich empört über den Preis.“ Das Baden kostet jetzt 5,50 Euro, früher sei auch der Einzeleintritt günstiger gewesen. „Dann kam ich in die Umkleidekabine und wollte mich duschen. Das war nicht möglich, da die Duschen alle gesperrt waren“, erzählte die Rentnerin.

Im Duschwasser der Gästekabinen sind in der vergangenen Woche Legionellen gefunden worden. Auch im Sommerbad Kreuzberg an der Prinzenstraße herrscht seit anderthalb Wochen die gleiche Lage. Lediglich sechs Duschen stehen dort allen Besuchern noch zur Verfügung.

Die aktuellen Probleme kommen den Bäderbetrieben überaus ungelegen. Denn im Abgeordnetenhaus mehren sich die Stimmen von Volksvertretern, die angesichts seit Jahren steigender Zuschüsse bei sinkender Leistung die Geduld verlieren und das Management austauschen wollen. Denn nicht nur die Keime in Sommerbädern machen den Bäderbetrieben zu schaffen. Tropfende Duschen, gesprungene Fliesen und marode Technik lassen die Schwimmbäder in keinem guten Licht dastehen.

21 Schwimmbäder mussten ungeplant schließen

Trotz jahrelanger Sondersanierungsprogramme leiden die Bäder immer wieder unter Havarien. Die Senatssportverwaltung listete der Grünen-Abgeordneten Nicole Ludwig alle außerplanmäßigen Schließungen der Bäder zwischen Februar und April auf. Demnach waren von 61 Schwimmhallen in Berlin 21 ungeplant dicht. Sieben Bäder mussten an manchen Tagen aus technischen Gründen stundenweise geschlossen werden, zehn sogar den ganzen Tag. Wegen Personalmangels schlossen 13 Bäder stundenweise ihre Türen, sechs auch ganztags. Manche Bäder blieben aus beiden Gründen dicht.

Laut Bäder-Sprecher Matthias Oloew sind die Öffnungszeiten jedoch stabiler als in der Vergangenheit. „Wir haben in den ersten vier Monaten des Jahres 50.000 Stunden versprochen und 49.000 angeboten.“ Die Zahl der öffentlichen Besucher (ohne Vereine und Schulen) liege um 38.000 höher als im Vorjahr. Vielfach hätten sich Mitarbeiter kurzfristig krankgemeldet, deshalb hätten Bäder nicht öffnen können. Zum aktuellen Bakterien-Problem in den Sommerbädern sagte Oloew, es handele sich um „leichten Legionellenbefall“.

Legionellen können im Extremfall für Menschen lebensgefährlich werden. „Bei Legionellen handelt es sich um Bakterien. Sie können verschiedene Symptome auslösen. Neben grippalen Infekten wie Fieber oder Kopfschmerzen kann auch eine Lungenentzündung durch Legionellen hervorgerufen werden und lebensbedrohlich sein“, sagte Norbert Suttorp, Charité-Leiter der Abteilung Infektologie.

Zwei Duschen für hunderte Gäste

Nun stehen im Sommerbad am Olympiastadion nur noch zwei Duschköpfe für mehrere Hundert Gäste am Tag zur Verfügung. „Es war eine einzige Katastrophe. Das Gedrängel war groß. Man konnte sich weder vor der Benutzung des Schwimmbeckens richtig reinigen noch danach“, erzählte Badegast Gitta Herrmann. Oloew sagte, man könne alternativ auch die kalten Duschen am Beckenrand nutzen.

Bei vielen Badegästen kam es nicht gut an, dass sie trotz der eingeschränkten Duschmöglichkeiten voll zur Kasse gebeten wurden. Wann die Duschen wieder in Betrieb genommen werden können, konnte Oloew zum Redaktionsschluss noch nicht sagen: „Der Termin steht noch nicht fest. Die Wasserproben gehen zunächst ins Labor, dies kann mindestens zehn Tage dauern. Erst wenn wir grünes Licht bekommen, können wir entscheiden, wann die Duschen wieder in Betrieb genommen werden können.“

Eröffnungsdaten noch ungeklärt

Unklar ist auch, wann die beiden Multifunktionsbäder eröffnet werden können, die seit 2015 geplant werden. Voraussichtlich können erst 2025 die Badegäste an der Wolfshagener Straße in Pankow und am Ankogelweg in Mariendorf ins Wasser steigen. Ursprünglich war der Start für 2021 vorgesehen. Doch dabei seien die Bäderbetriebe „von der optimistischen Annahme ausgegangen“, dass für beide Grundstücke bereits Baurecht herrsche, handele es sich doch um bestehende Bäderstand­orte. „Das ist jedoch nicht der Fall“, heißt es in der Antwort der Senatssportverwaltung auf eine Anfrage des Linke-Abgeordneten Philipp Bertram.

Nötig seien Bebauungspläne. Für das Verfahren werden in Tempelhof-Schöneberg zwei Jahre angesetzt, in Pankow sogar zweieinhalb, weil dort neben dem Bad auch eine Grundschule errichtet werden soll. Es sei „unbefriedigend“, dass das fehlende Baurecht zunächst weder Senat noch Bezirk oder Bäderbetrieben aufgefallen sei, sagte Bertram. „Es täte der Stadt gut, wenn die beiden Projekte schneller realisiert würden“, mahnte der Abgeordnete.

Mehr zum Thema:

Berliner Bäderbetriebe stehen auf dem Prüfstand

Bädersanierung: Schulschwimmen fällt wohl doch aus

2,3 Millionen Euro für die Sanierung der Berliner Bäder