Berlin. Auf einem Brachgelände mitten in Wedding liegt die Zukunft der Medizinforschung. Denn hier wollen die Berliner Charité und die Technische Universität (TU) einen gemeinsamen Campus für Biomedizin bauen. Und Dank der neuen Technologien, die in Zukunft in dem neuen Forschungszentrum erforscht werden, sollen medizinische Versuche an Tieren schon bald nicht mehr nötig sein.
Kernstück des rund 3000 Quadratmeter großen Forschungsgeländes, das in direkter Nachbarschaft zum Charité-Campus Virchow-Klinikum liegt, soll das neue Wissenschaftshaus „Der Simulierte Mensch“ sein. Hier wollen Charité und TU künftig gemeinsam Forschung an der Schnittstelle von Ingenieurwissenschaften und Medizin betreiben. Kostenpunkt für den Neubau: 34 Millionen Euro, die je zur Hälfte von Bund und Land getragen werden.
Campus soll 2023 bezugsfertig sein
Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach erklärte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, dass das Grundstück eigentlich vor einigen Jahren verkauft werden sollte. „Aber wir brauchen diesen Platz jetzt für die Wissenschaft und Forschung“, sagte er. Das Gelände an der Ecke See-/Amrumer Straße liegt im Moment noch brach. Provisorisch ist hier ein Parkplatz untergebracht. Doch noch in diesem Sommer soll ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben werben, bei dem sich Architekten mit ihren Ideen für das Haus bewerben können. Bezugsfertig soll das Forschungszentrum dann bereits im Jahr 2023 sein.
In dem Gebäude sollen in Zukunft insgesamt rund 150 Mediziner der Charité gemeinsam mit Naturwissenschaftlern und Ingenieuren der TU die Funktionen menschlicher Zellen und Organe mithilfe neuer Technologien erforschen. Im Mittelpunkt steht die Krebsforschung, Immunologie sowie regenerative Medizin.
Und nur die Ingenieurwissenschaftler der TU können die Technologien und Geräte herstellen, die die Mediziner der Charité für ihre Forschung brauchen. „Beim Kaffee oder Mittagessen zusammenzusitzen, ist extrem wichtig für eine offene und reibungslose Zusammenarbeit. Dafür brauchen wir den Bau“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Charité, Professor Karl Max Einhäupl.
Neue Technologien sollen Tierversuche einschränken
Schon heute forschen die Wissenschaftler daran, humane Modellsysteme mithilfe neuer Technologien, wie 3-D-Biodruckern, zu simulieren. „Wir verfügen in der medizinischen Biotechnologie über Methoden, menschliche Zellen und menschliches Gewebe so zu kultivieren und zu testen, dass es den Bedingungen des menschlichen Körpers entspricht“, erklärte Prof. Roland Lauster, Leiter des Fachgebiets für medizinische Biotechnologie an der TU. Mit einem 3-D-Drucker sollen im Miniformat Modelle von menschlichen Organen gedruckt werden, an denen dann Krankheiten, deren Verläufe sowie Medikamente erforscht werden können.
Bisher waren dafür oftmals Tierversuche nötig. Das Problem: Nicht nur die Tiere leiden. Auch sind die Forschungsergebnisse oft nicht so präzise, als wenn direkt an Menschen getestet werden würde. Aber das ist natürlich nicht möglich. „Die Zeit ist reif, den simulierten Menschen als experimentelles Modell in den Fokus zu rücken“, findet deshalb Lauster.
Wie stark und schnell Tierversuche dank des neuen Campus tatsächlich zurückgehen werden, kann er zwar nicht sagen. „Aber ich bin mir sicher, dass so Tierversuche reduziert werden. Wie lang das dauert, ist mir aber relativ egal. Denn wichtig ist ja, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Berlin arbeitet an neuem Tierschutzgesetz
Auch Wissenschaftsstaatssekretär Krach befürwortet das Ende von Tierversuchen. Er verspricht: „Wir wollen Berlin zur Hauptstadt von Alternativen zu Tierversuchen machen.“ Passend dazu wird im Moment ein neues Tierschutzgesetz im Haus von Justiz- und Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt (Grüne) vorbereitet. Es sieht ein weitreichendes Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen vor.
Dieses Klagerecht sollen die Organisationen über eine sogenannte Anfechtungsklage ausüben können. Das stößt jedoch auf vielfache Kritik. Tierversuchsgenehmigungen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales könnten dann per Urteil aufgehoben werden, zudem lösen diese Klagen grundsätzlich eine aufschiebende Wirkung aus. Damit könnten Tierversuche blockiert werden, warnen Kritiker.
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