TÜV verweigert die Abnahme der Anlagen. Es drohen neue Verzögerungen am Hauptstadtflughafen
Die schlechten Nachrichten vom Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld kommen in frappierender Regelmäßigkeit. In 29 Monaten sollen von Berlins teuerster Dauerbaustelle endlich die Flugzeuge abheben. Doch dass bis zum Eröffnungstermin im Oktober 2020 tatsächlich alle Mängel abgearbeitet sind, daran gibt es nun erneut starke Zweifel. Berichte von Prüfern und Zuständigen für die Projektsteuerung benennen nun offenbar neue Probleme. Grund dafür soll erneut die Kabelsanierung sein. Der Bericht der Experten stellt fest, dass sie elf Monate hinter dem Zeitplan liegt, wie die „Bild am Sonntag“ schreibt.
Bauarbeiter hatten unter Termindruck gepfuscht
Eigentlich sollte das bekannte Kabelproblem längst gelöst sein. Zur Erinnerung: Im Juni 2015 jubelte der damalige BER-Chef Jörg Mühlenfeld, „ein Meilenstein“ sei erreicht – der gefährliche Kabelsalat in den Medienschächten drei Jahre nach der geplatzten Eröffnung erfolgreich entwirrt. In den Kanälen liegen die Kabel für die allgemeine Stromversorgung des Terminals, für die Sicherheitsstromversorgung sowie die Schwachstromleitungen. Zudem sind in meist parallelen Kanälen die Hauptleitungen für die Wärme-, Kälte- und Wasserversorgung untergebracht. Unter anderem mussten 35 Kilometer Hauptkabel neu verlegt werden, weil Bauarbeiter unter dem Druck, den ursprünglichen Eröffnungstermin für den BER-Flughafen, der für den 3. Juni 2012 vorgesehen war, gepfuscht hatten.
Nun heißt es, dass die Kabelsanierung weiter Probleme bereite. Der interne Statusbericht vom 16. April dieses Jahres führe 863 „wesentliche Mängel“ für das Hauptterminal auf, das Abarbeiten dauere zu lange. Weitere Verzögerungen hätten eine „Eintrittswahrscheinlichkeit von 50 Prozent“.
Bereits im Februar habe der Tüv Rheinland der Flughafengesellschaft mitgeteilt, dass die Betriebssicherheit und Wirksamkeit für die bemängelten Anlagen nicht abschließend bescheinigt werden könne, heißt es weiter. Zuvor habe das Unternehmen nach mehrmonatiger Prüfung einen 466 Seiten starken Bericht zur Sicherheitsstromversorgung und Sicherheitsbeleuchtung vorgelegt.
Flughafen-Sprecher Hannes Stefan Hönemann bestätigte die Existenz der Dokumente, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass der Bericht der Projektsteuerungsfirma den Stand von Mitte April, also von vor fünf Wochen, widerspiegele. Seitdem seien Gegenmaßnahmen ergriffen und erfolgreich umgesetzt worden. Mängel wurden demnach beseitigt oder würden aktuell beseitigt. So seien etwa die Teams der zuständigen Baufirma verstärkt worden. Am geplanten Eröffnungstermin des BER im Oktober 2020 änderten die jüngsten Probleme nichts, versicherte der Sprecher der Berliner Flughafengesellschaft.
„Berlins Steuerzahler sind es leid, dass die Wahrheit über den Pannen-Flughafen BER immer nur scheibchenweise herauskommt“, kommentierte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, den Bericht. Es könne nicht sein, dass die Abgeordneten von neuen Pannen wie Verzögerungen bei der Kabelsanierung oder der verweigerten Tüv-Abnahme erst aus Medien erfahren statt von den Flughafen-Verantwortlichen oder von den Koalitionsvertretern im Aufsichtsrat. „Wir fordern Transparenz und Klarheit. Rot-Rot-Grün muss den Widerstand gegen einen neuen Untersuchungsausschuss zum BER endlich aufgeben“, sagte Graf.
Oppositionsparteien fordern Transparenz
Ähnlich äußerte sich der parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Frank-C. Hansel. Es werde Zeit, die entscheidenden Positionen im Aufsichtsrat endlich mit Fachleuten zu besetzen und das Thema Luftverkehr in der Hauptstadtregion zu besetzen, sagte Hansel. Die AfD hat zudem ihre Forderung nach einem Sonderausschuss erneut bekräftigt. „Nur so kann es noch gelingen, die desolate Lage zum Besseren zu wenden und den Bürgerwillen zur Offenhaltung von Tegel umzusetzen. Wenn Rot-Rot-Grün so weiterwurstelt, wird der BER das Menetekel dieser Koalition“, so der Politiker.
mit dpa