Berlin. Es kann ein Schimpfwort sein, ein Schubser oder auch ein Faustschlag - besonders schwule Männer erleben oft Übergriffe. 324 Angriffe und Beleidigungen gegen Schwule, aber auch gegen lesbische Frauen und Transsexuelle in Berlin wurden im vergangenen Jahr beim Anti-Gewalt-Projekt Maneo gemeldet. Diese Zahl liegt etwas über der von 2016.
Erst Anfang Mai hatte es an der Sonnenallee in Neukölln einen besonders verabscheuungswürdigen Angriff auf eine Transfrau gegeben. Der mutmaßliche Täter schlug an einer Bushaltestelle auf die 53-Jährige ein und trat ihr dann gegen den Kehlkopf.
Rund ein Drittel der Taten sind Körperverletzungen, je etwa ein Viertel Bedrohungen und Beleidigungen. In 14 Prozent der Fälle gab es Raubüberfälle. Die Täter sind, ebenso wie die Opfer, fast immer Männer.
Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) erklärte am Dienstag: „Die erneut hohe Zahl homophober Taten ist ein Weckruf für die Regenbogenhauptstadt Berlin.“ Er rufe alle auf, sich gemeinsam jeder Homosexuellenfeindlichkeit entgegen zu stellen. Die Opfer sollten jeden Vorfall anzeigen.
Dunkelziffer dürfte sehr viel höher liegen
Die Berliner Polizei registrierte im vergangenen Jahr 164 Straftaten gegen homosexuelle und transexuelle Menschen. Der Wert liegt ähnlich hoch wie 2016. Die Zahl ist so viel niedriger als bei Maneo, weil viele angegriffene oder beleidigte Menschen aus verschiedenen Gründen die Anzeige bei der Polizei scheuen, sich aber trotzdem bei Maneo melden.
Die Dunkelziffer dürfte aber trotzdem sehr viel höher liegen. Anne Grießbach-Baerns, eine von zwei Ansprechpartnern für solche Fälle bei der Berliner Polizei, sagte dem Sender RBB: „Wir schätzen, dass 80 bis 90 Prozent der Fälle nicht angezeigt werden.“
Die meisten Taten gab es in den Innenstadtbezirken Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln - also dort, wo auch viele homosexuelle und transsexuelle Menschen unterwegs sind.
2016 hatte Maneo 291 homo- oder transfeindliche Übergriffe in Berlin gezählt. 2015 waren es 259 und 2014 insgesamt 225 Übergriffe. Die Opferberatungsstelle für Schwule veröffentlicht ihre Jahreszahlen in der Regel kurz vor dem 17. Mai, dem internationalen Tag gegen Homophobie.
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