Berlin. Wieder einmal haben sich bei einem öffentlichen Bauvorhaben in Berlin die Kosten massiv erhöht. So soll der erneuerte Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) in Charlottenburg nicht wie zuletzt angegeben 29 Millionen Euro, sondern 37,3 Millionen Euro kosten. Als die Arbeiten 2016 begannen, war noch von 14 Millionen Euro die Rede gewesen.
Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) begründet die Kostensteigerung mit umfangreichen Umplanungen gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben. Tatsächlich hat das nun umgesetzte Projekt wenig gemein mit den ursprünglichen Plänen. Anstatt die alten Gebäude nur zu sanieren, entschloss man sich dazu, das sogenannte Haus AC mit der Wartehalle doch neu zu bauen. Sogar zwei Stockwerke sind jetzt vorgesehen. „Wir bekommen eine echte Visitenkarte für die Hauptstadt“, sagt Matthias Tang, Sprecher der Verkehrsverwaltung.
Die Kostensteigerungen beruhen also nach Angaben des Verkehrsstaatssekretärs an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses auf den neuen Planungen, aber auch auf einer erhöhten Pauschale für die Baunebenkosten. Ein Faktor seien allerdings auch „verlorene Planungskosten für mehrmals wiederholte Planungsleistungen“. Dieser Posten wird aber in der Vorlage nicht beziffert.
Arbeiten sollen zwei Jahre länger dauern
Im Doppelhaushalt hat Rot-Rot-Grün sogar 42 Millionen Euro für den neuen ZOB eingeplant. Geld nachzuschießen, werde also nicht nötig sein, heißt es aus der Verwaltung. Die Arbeiten bei laufendem Betrieb werden statt bis 2019 aber nun zwei Jahre länger dauern. Aus Sicht des CDU-Verkehrsexperten Oliver Friederici gleicht das ZOB-Projekt nicht nur deshalb dem Flughafen BER. „Das ist ein kleiner Skandal“, so der Christdemokrat. Auch beim neuen Airport seien durch nachträgliche Wünsche der Bauherren die Kosten extrem gestiegen. „Das läuft hier nach dem gleichen Muster“, sagt der Abgeordnete.
Für die vielen Umplanungen habe es „keine befriedigende Erklärung“ gegeben. Vor allem ärgert ihn, dass die politische Diskussion über die ohne Zweifel notwendige Modernisierung der Infrastruktur für Reisebusse in Berlin mit falschen Informationen geführt worden sei. Hätte man gleich gewusst, dass ein neuer ZOB in Westend fast 40 Millionen kosten würde, hätte man sich womöglich doch überlegen können, ob nicht ein zweiter Standort im Osten der Stadt sinnvoll gewesen wäre.
Prognosen: 173.000 An- und Abfahrten
Mit dem Verschwinden zahlreicher Fernbus-Anbieter wurden am ZOB zuletzt zwar deutlich weniger Busse abgefertigt als zu den Boomzeiten kurz nach der Liberalisierung des Busreisemarktes. 2017 gab es laut Verkehrsverwaltung 166.000 An- und Abfahrten, im Jahr davor waren es noch 214.000. Weil die Busse aber besser gebucht waren, blieb die Zahl der Nutzer des ZOB mit rund sechs Millionen einigermaßen konstant. Für 2018 sehen die Prognosen 173.000 An- und Abfahrten voraus. Vor der Liberalisierung waren es nur 65.000. Auf diese Dimensionen ist auch der alte ZOB ausgelegt.
Insgesamt soll es am ZOB künftig zusätzliche Restaurants und Bistros ebenso geben wie größere, barrierefrei erreichbare Toiletten, die dann auch direkt von der Wartehalle aus zugänglich sein sollen. Digitale Tafeln zeigen Abfahrten und Ankünfte an. Zudem weicht die düstere Überdachung aus den 60er-Jahren einer lichteren Konstruktion, die sich an den Dächern der dann 33 Haltebuchten (aktuell 27) orientiert. Mehrere Treppen werden neu gebaut statt nur saniert. Eine Lärmschutzwand soll die benachbarte Bredtschneiderstraße vom Busverkehr abschirmen. Mit den neuen Gebäuden, Dächern und Restaurants bekommt der ZOB auch neue Technik, die die Fahrgäste zu den Bussen leiten soll.
Als Grund für das Umdenken nach begonnener Planung gibt die Verkehrsverwaltung auch Differenzen mit dem benachbarten Grundstückseigner des Ibis-Hotels an. Bis zuletzt hingen die benachbarten Gebäude über die Kelleranlagen an den gleichen Haustechnik- und Versorgungsanlagen. Diese Verbindung wird nun durch den Abriss der alten ZOB-Gebäude, die ursprünglich nur saniert werden sollten, gekappt.
Die oppositionelle CDU kritisiert allerdings, dass es für die vielen Umplanungen „keine befriedigende Erklärung“ gebe. Sie will per Antrag nun dafür sorgen, dass, wenn schon umgeplant wird, wenigstens ein mobiler Internetzugang für die Fahrgäste mitberücksichtigt werden soll.
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