Zwischenfall in einem Berliner Taxi: Ein Fahrgast wurde nur wenige hundert Meter vor dem Ziel des Taxis verwiesen, als der Fahrer bemerkte, dass er zwei kleine Hunde dabeihatte. Die Situation eskalierte. Der Fahrer gab laut Fahrgast als Grund eine Hundehaarallergie an, dieser aber bezweifelt die Allergie des Fahrers. Er wähnt dessen Auslegung seiner Religion als eigentlichen Grund. Hunde gelten im Islam als unrein. Bei der Taxi-Innung ist das Problem bekannt. Solche Fälle kämen öfter vor.
„Ich hatte vom Borchardt ein Taxi zu meinem Hotel am Alexanderplatz genommen“, sagt Hajo Janssen über den Vorfall vom 4. April. Der 47-Jährige ist gehbehindert und fährt daher oft Taxi. Doch die Fahrt endete für ihn bereits Unter den Linden, sagt er. „Dort bemerkte der Fahrer, dass ich meine zwei kleinen Hunde dabeihatte. Ich ging davon aus, dass er sie beim Einsteigen gesehen hatte. Dem war aber nicht so.“
Umso heftiger habe der Fahrer reagiert, als Janssen während der Fahrt zu einem der dackelartigen Mischlinge namens "Charlotte" und "Pauline" im Fußraum sprach. „Der Fahrer sagte, er habe eine Allergie und ich solle sofort aussteigen. Ich sagte ihm, dass ich gehbehindert und aufs Taxi angewiesen bin. Und dass ich ihm seine Begründung mit der Allergie nicht ganz glaube und wir ja auch schon fast da seien. Da sagte der Fahrer zu mir, er könne mir auch beim Aussteigen ‘helfen’. Ich fühlte mich bedroht.“
„Der Fahrer beschimpfte mich als ‘Nazi’“
Janssen wählte nach eigener Aussage noch im Taxi die 110, schilderte den Fall. „Aber der Mitarbeiter am Notruf sagte mir nur, der Taxifahrer habe ja das Hausrecht.“ Janssen sei ausgestiegen, der Fahrer habe sich dann neben der Tür vor ihm aufgebaut, es sei zu einem Wortgefecht gekommen. „Als ich ausgestiegen war, stieg der Fahrer wieder ein und beschimpfte mich durchs Fenster als ‘Nazi’. Er sagte, ich würde schon sehen, wer der Stärkere ist. So etwas habe ich so noch nie erlebt.“
Janssen machte ein Foto von dem Taxi samt Nummernschild, das er auch der Berliner Morgenpost vorlegte, ebenso eine Ablichtung seines Schwerbehindertenausweises.
Der Berliner habe Schreiben ans Ordnungsamt und Gewerbeaufsichtsamt verfasst und sich an einen Anwalt gewendet. „Aber letztlich kann man wenig machen.“ Von einer Anzeige habe er letztlich abgesehen. „Da stünde sowieso nur Aussage gegen Aussage“, so Janssen.
Der 47-Jährige hatte nach eigenem Bekunden schon mehrfach Probleme, wenn er mit seinen Hunden in ein Taxi steigen wollte. „Hunde gelten im Islam als unreine Tiere, das scheint ein Problem zu sein.“ Seiner Erfahrung nach sei das häufig allerdings eine Frage der individuellen Auslegung. „Ein Bekannter von mir ist Muslim und liebt seinen Hund. Aber dass eine Gruppe von Taxifahrern deswegen Fahrten ablehnt, finde ich nicht in Ordnung.“
„Letztlich hat der Fahrgast keine Handhabe“
Rolf Feja kennt das Phänomen. Feja ist langjähriger Taxifahrer und Zweiter Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes e.V. „Solche Beschwerden habe ich regelmäßig auf dem Schreibtisch“, sagt er. „Es kommt des öfteren vor, dass wegen Hunden eine Stresssituation entsteht. Für den Fahrgast ist so etwas ärgerlich, aber er hat letztlich keine Handhabe.“
Laut Feja greife in so einem Fall aber nicht die Beförderungspflicht. „Ein Taxifahrer muss nicht jedes Tier mitnehmen“, so Feja. Anders sei das bei Blindenhunden, da diese als Hilfsmittel anzusehen seien. Kürzlich habe es dennoch eine Beschwerde vom Blindenverband gegeben, nachdem ein Sehbehinderter mit Blindenhund von einem Taxifahrer stehengelassen worden sei.
Schon aus der Vergangenheit sei Feja der „Hunde-Trick“ bekannt: „Es gab damals schon Leute, die zum Beispiel keinen türkischen Fahrer haben wollten, und deshalb beim Taxiruf behaupteten, sie hätten einen Hund dabei.“
„Taxen sind verpflichtet, auch Gepäck und Tiere zu befördern“
Inzwischen hat sich auch die „Fachaufsicht über das LABO (Taxen- und Mietwagenverkehr“ aus der Senatsverwaltung für Verkehr geäußert. „Taxen sind grundsätzlich verpflichtet, auch Gepäck und Tiere ihrer Fahrgäste zu befördern“, heißt es. „Abgelehnt werden kann eine Beförderung etwa dann, wenn Gepäck und Tiere nicht ohne Gefährdung der Sicherheit und Ordnung eines Betriebes untergebracht und beaufsichtigt werden können. Auch ist es im Einzelfall denkbar, dass ein Fahrer aus gesundheitlichen Gründen (Allergie etc.) die Mitnahme eines Hundes verweigern muss.“ Nachgewiesen werden muss eine Allergie allerdings nicht. Ein Verstoß gegen die Beförderungspflicht ist insofern schwer zu belegen.
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