Flüchtlinge

Berlin schiebt weniger ausreisepflichtige Asylbewerber ab

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Am Flughafen Schönefeld kümmert sich ein Bundespolizist um einen Mann, der abgeschoben werden soll

Am Flughafen Schönefeld kümmert sich ein Bundespolizist um einen Mann, der abgeschoben werden soll

Foto: Sergej Glanze / Glanze

AfD sieht Anreiz für mehr Zuwanderung. Die Innenverwaltung verweist auf bundesweiten Trend. Die Linke kritisiert „Hetze“.

Berlin hat in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres offenbar weniger abgelehnte Asylbewerber abgeschoben als im Jahr zuvor. Diesen Schluss zieht die AfD aus der Antwort der Senatsverwaltung für Inneres auf eine parlamentarische Anfrage des AfD-Abgeordneten Hanno Bachmann. Laut Innenverwaltung wurden von Januar bis März dieses Jahres 232 abgelehnte Asylbewerber abgeschoben.

Legt man die Zahl der Asylbewerber zugrunde, die zwischen Januar und November 2017 abgeschoben wurden, und errechnet daraus den statistischen Monatsdurchschnitt, ergibt sich laut AfD ein Rückgang von rund 37 Prozent. Die Gesamtzahl der als vollziehbar ausreisepflichtig eingestuften Asylbewerber ist im Vergleich zu 2017 auf nun 11.905 Personen angestiegen.

Die meisten Abschiebungen erfolgten nach Moldau

Der AfD-Parlamentarier Bachmann hat dieses „wachsende Delta“ zwischen der Zahl der tatsächlich erfolgten Abschiebungen und der Zahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Asylbewerber kritisiert. Der Verzicht auf Abschiebungen sei „ein weiterer Anreiz für illegale Zuwanderung und zweitens steht er im Widerspruch zur Absicht der Bundesregierung, Ausreisepflicht künftig auch konsequent durchzusetzen“, sagte Bachman.

Die meisten Abschiebungen erfolgten im ersten Quartal dieses Jahres laut Innenverwaltung nach Moldau (60) und Albanien (28). 17 abgelehnte Asylbewerber wurden in den Irak, 14 nach Bosnien-Herzegowina abgeschoben.

Die Zahl der freiwilligen Ausreisen abgelehnter Asylbewerber wird laut Innenverwaltung nicht exakt erfasst, weil es zu tatsächlich erfolgten Grenzüberschreitungen keinen Rücklauf gebe. Aufgrund verschiedener Faktoren könne man aber davon ausgehen, dass von Januar bis März 2018 insgesamt 616 ausreisepflichtige Personen das Land freiwillig verlassen hätten. Wie bei den abgeschobenen Asylbewerbern kommen die meisten aus der Republik Moldau (84 Ausreisen). Es folgen Irak (71), Pakistan (43) und Afghanistan (39).

„Rechtliche, tatsächliche und humanitäre Gründe“

Die Innenverwaltung verwies darauf, dass die Abschiebungszahlen nicht nur in Berlin, sondern bundesweit zurückgingen. In den Vorjahren seien die Rückführungszahlen besonders hoch gewesen, weil die Herkunftsländer bei der Ausstellung von Passpapieren und der Durchführung von Chartermaßnahmen sehr kooperativ gewesen seien. Die Gruppe der Ausreisepflichtigen setze sich nun aber anders zusammen, die Maßnahmen könnten nicht mehr in gleicher Weise erfolgen.

Bei einem Großteil der 11.905 Asylbewerber, die zum 31. März 2018 als „vollziehbar ausreisepflichtig“ geführt wurden, könne die Abschiebung zudem aus „rechtlichen, tatsächlichen und humanitären Gründen“ faktisch nicht vollzogen werden. Etwas mehr als 10.200 hätten den Status einer Duldung. Der Senat sei sich der Verpflichtung für Abschiebungen bewusst „und kommt dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten auch nach“, sagte ein Sprecher der Innenverwaltung.

Der Linke-Politiker Hakan Tas kritisierte, der Vorstoß des Abgeordneten Bachmann zeige erneut, „wie entmenschlicht die AfD-Fraktion immer wieder in flüchtlingspolitischen Debatten auftritt“. Hinter den Zahlen steckten Schicksale, Geschichten und Persönlichkeiten. Mehr Abschiebungen zu fordern, sei „pure Hetze“. Die Koalition habe sich zurecht darauf geeinigt, Abschiebungen nur als „Ultima Ratio“ durchzusetzen. „Deshalb kämpfen wir darum, dass jeder Einzelfall fürsorglich überprüft und nach Möglichkeit bleiberechtsfreundlich ausgestaltet wird“, sagte Tas. „Das ist der humane Berliner Weg und ich bin froh, dass die AfD-Fraktion den menschenfreundlichen Kurs des Senates mit ihrer Hetze nicht aufhalten wird“, sagte Tas.

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