Schau im DDR-Museum

Liebe und Sex in Zeiten des Sozialismus

| Lesedauer: 2 Minuten
Julius Betschka
Eine Besucherin geht an den Schaukästen vorbei, in denen Exponate der Ausstellung „Liebe, Sex und Sozialismus“ liegen

Eine Besucherin geht an den Schaukästen vorbei, in denen Exponate der Ausstellung „Liebe, Sex und Sozialismus“ liegen

Foto: Gregor Fischer / dpa

Eine Sonderausstellung im DDR-Museum beschäftigt sich mit Freizügigkeit, aber auch der verordneten Liebe.

Berlin. Nackte Menschen allerorten, ob am Ostseestrand oder an den märkischen Seen: Die Freikörperkultur – kurz: FKK – steht sinnbildlich für den entspannteren Umgang mit Körper und Sexualität, der in der DDR geherrscht habe. Die kleine Sonderausstellung „Liebe, Sex und Sozialismus“ im Foyer des DDR-Museums in Mitte zeigt ab Mittwoch aus verschiedenen Perspektiven, wie Sex und Liebe sich in der sozialistischen Gesellschaft widerspiegelten. In 26 Wandvitrinen wird anhand verschiedener Exponate auch erklärt, wie das DDR-Regime den Menschen im Kleinen Freiheiten gewährte, um die Unfreiheit im Großen zu bemänteln, wie Kurator Sören Marotz bei einem Rundgang sagt.

Kleine Zettel liegen in einer der Vitri­nen, handgeschrieben. „Ich habe das Liebesfieber (nach Marco)“ steht auf einem. Die Zettel stammen aus dem Archiv eines ehemaligen Schulkameraden von Kurator Marotz. Marco, der Grund für das „Liebesfieber“, war ein sitzen gebliebener Junge, den die Mädchen einer siebten Klasse anhimmelten, auch weil er ein Jahr älter war als ihre Klassenkameraden. „Wir wollten DDR-Geschichte so nicht von oben herab erklären, sondern anhand des menschlichen Miteinanders und menschlicher Grundbedürfnisse wie Liebe“, erläutert Historiker Marotz. Gleichzeitig thematisiert die Schau die staatlich verordnete Liebe zur Heimat und zur Sowjetunion, während der Planet bedroht war durch die atomare Aufrüstung. Mehrere Souvenir-Tassen, die den sozialistischen Bruderkuss zwischen den Staatschefs Erich Honecker und Leonid Iljitsch Breschnew zeigen, illustrieren die Verkitschung und Romantisierung von Politik – wobei die Tassen natürlich aus der heutigen Zeit stammen. Tatsächlich sollte der Kuss die wahren Machtverhältnisse zwischen DDR und Sowjetunion vergessen lassen.

Chronologisch zeichnen die Exponate die Berührungspunkte mit Liebe und Sexualität nach: angefangen mit der Sexualaufklärung im Biologie-Unterricht, über die Liebesbotschaften im Klassenzimmer, Liebesschnulzen oder Aktfotos. So changiert die Schau zwischen der rein privaten und der politischen Ebene, die Liebe und Freizügigkeit im sozialistischen Osten hatten. Einige der Ausstellungsstücke, wie die in der DDR kostenlos erhältlichen Anti­babypillen, besitzen auch heute noch höchste Aktualität, schaut man sich die gegenwärtige politische Diskussion über Abtreibungen an. Offiziell eröffnet wird die Schau am Dienstagabend um 19 Uhr im Besucherzentrum des Museums.

DDR-Museum, Karl-Liebknecht-Straße 1. Mitte. Tel.: 847 123 731, täglich 10 –20 Uhr, bis 31. Juli, Eintritt frei