Potsdam. Die Brandenburger Städte fordern mehr Geld vom Land, um die künftigen Herausforderungen bewältigen zu können. „Das Land braucht starke Städte, denn in diesen wird der überwiegende Anteil an Wertschöpfung und Steuereinnahmen erwirtschaftet“, sagte der Bürgermeister von Eberswalde, Friedhelm Boginski, am Donnerstag auf dem Stadtentwicklungstag des Landes in Potsdam. „Die meisten Menschen in Brandenburg wohnen und arbeiten in Städten, gehen dort zur Schule oder zum Arzt.“ Das müsse sich in der Finanzierung durch die Landesregierung widerspiegeln.
Die Bürgermeister überreichten Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) einen Katalog mit den wichtigsten Forderungen. „Die Städte sind auch Anker für die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum und übernehmen Verantwortung dafür, dass die Dörfer in ihrem Umfeld nicht abgehängt werden“, sagte Boginski. Aus Sicht der Bürgermeister sind die Forderungen nach dem Scheitern der Gebietsreform und der Entwicklung der letzten Jahre notwendig. Mit der Reform sollten die Städte entschuldet und Verwaltungseinheiten zusammengelegt werden, um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.
Der Schrumpfungstrendhat sich umgekehrt
Gleichzeitig hat sich in den vergangenen Jahren ein nicht erwarteter Wandel vollzogen. Klagten die Gemeinden außerhalb des Speckgürtels rund um Berlin über einen anhaltenden Bevölkerungsrückgang, so hat sich der Trend in den vergangenen Jahren umgekehrt. Immer mehr Menschen ziehen ins Umland, für nahezu alle Städte haben sich die Prognosen umgekehrt – die Bevölkerung nimmt kontinuierlich zu. Das müsse auch die Landesplanung der Regierung berücksichtigen, heißt es im Forderungskatalog der Bürgermeister.
„Die Entwicklung der Städte muss künftig deutlich stärker ins Zentrum der Landesentwicklungspolitik rücken“, sagte Neuruppins Bürgermeister Jens-Peter Golde. „Wir brauchen im Land eine verlässliche und ressortübergreifende Städtepolitik aus einem Guss und eine Diskussion, wo wir 2030 stehen wollen.“ Das hat nun auch die Landesregierung erkannt. Die Minister reisen derzeit durchs Land und verteilen Geld für Investitionen in die Infrastruktur, vor allem für Kitas, Schulen und Straßen. 400 Millionen Euro hatte das Land für die Umsetzung der Gebietsreform im Haushalt veranschlagt – Geld, das jetzt zügig im Land verteilt werden soll.
So reist der Ministerpräsident am heutigen Freitag nach Mittenwalde und übergibt 350.000 Euro für die Sanierung der Grundschule. Anfang der Woche übergab er 50.000 Euro an eine Initiative in Guben, die sich um die Rückkehr von Landeskindern bemüht. Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) überreichte in Babelsberg einen Scheck über zwei Millionen Euro für den Bau eines 3-D-Studios, und Agrarminister Jörg Vogelsänger verteilte eine Million Euro für die Sanierung der Sportanlage in Letschin.
Mehrere 100 Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren zudem in den Ausbau der Straßen und des Nahverkehrs fließen. „Wir sind gemeinsam gefordert, Städte der Zukunft und damit Städte für alle zu bauen“, sagte Woidke am Donnerstag. Für Woidke bedeutet das Wachstum der Hauptstadtregion die größte Herausforderung für die kommenden Jahre. „Wir erleben einen umfassenden gesellschaftlichen Wandel, der sich vor allem da bemerkbar macht, wo zwei Drittel der Brandenburger leben: in den 113 Städten, die die Zentren für den Zusammenhalt und die Entwicklung unseres gesamten Landes sind.“
Dazu will das Land künftig wieder mehr mit Berlin über eine gemeinsame Planung verhandeln. Nachdem der Gesprächsfaden zwischen beiden Ländern zunächst in den vergangenen Jahren stark abgenommen hatte, haben sich die beiden Landesregierungen bereits drei Mal zu gemeinsamen Planungssitzungen getroffen, ein viertes Gespräch ist bereits terminiert. „Wir müssen uns jetzt gemeinsam auf den Sprung in die zweite Reihe vorbereiten“, sagte Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) am Donnerstag. Die sogenannten Städte der zweiten Reihe – Neuruppin, Eberswalde, Luckenwalde, Brandenburg an der Havel – werden künftig eine wichtige Rolle bei der Vernetzung mit der Hauptstadtregion einnehmen. „Diese Städte haben große Chancen, als Motoren der Entwicklung im ländlichen Raum zu fungieren“, sagte Schneider. Konkrete Schritte dahin ließen aber Woidke und Schneider auch am Donnerstag vermissen.