Kriminalgericht

Prozess: 60-Jähriger soll seine demente Frau getötet haben

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Michael Mielke
Der Angeklagte vor Gericht

Der Angeklagte vor Gericht

Foto: Michael Mielke

Der Angeklagte leidet selbst unter Leberkrebs. Vor Gericht schweigt er. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass er überfordert war.

Die Geschichte ist an Tragik schwer zu überbieten. Egal, ob sich die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als richtig erweisen oder nicht. Es geht um Mord. Der 60-jährige Martin K. (Name geändert), der sich seit Freitag vor einem Moabiter Schwurgericht verantworten muss, soll am 18. August vergangenen Jahres seine demenzkranke Frau getötet haben.

Den Ermittlungen zufolge hatte er der 67-Jährigen gegen 19.30 Uhr in ihrem Zimmer einer betreuten Wohneinrichtung für Senioren im Ortsteil Bohnsdorf eine intramuskuläre Injektion gesetzt. Nachgewiesen wurde später von Rechtsmedizinern eine tödliche Dosis des Schlafmittels Pentobarbital. Das Opfer „versah sich seitens ihres Ehemannes, den sie bei seinen Besuchen im Heim stets erkannte, keines Angriffs auf ihr Leben“, heißt es im Anklagesatz.

Staatsanwaltschaft geht von heimtückischem Mord aus

In der Nacht war die Frau dann tot vom Pflegepersonal gefunden worden. Es soll bei ihr zuvor keine Anzeichen für eine akute Krankheit gegeben haben. Sehr schnell geriet Martin K. in Verdacht. Er hatte seine Ehefrau als letzter besucht und verfügt als gelernter Krankenpfleger über medizinische Kenntnisse. Als weitere Beruf sind bei ihm Sozialarbeiter und Psychotherapeut angegeben. Seit dem 1. September befindet er sich in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft geht von Heimtücke und niedrigen Beweggründen aus. Heimtücke, weil die Frau arglos war und sich nicht wehren konnte. Niedere Beweggründe, weil sich Martin K. aus Sicht der Ankläger zum Herren über Leben und Tod erhoben haben soll.

Im Anklagesatz wird aber auch festgestellt, dass Martin K. „selber unter einer erst kurz zuvor diagnostizierten Leberkrebserkrankung“ leide. Man gehe davon aus, dass er „vor dem Hintergrund seiner eigenen gesundheitlichen Situation von der emotionalen und auch finanziellen Belastung der dementen Ehefrau befreien wollte, um selber die ihm verbleibenden Lebensjahre unbeschwerter genießen zu können.

Es spricht jedoch vieles dafür, dass Martin K. nicht mehr Jahre, sondern, wenn überhaupt, nur noch Monate bleiben. Und dass er seine demenzkranke Frau, die trotz ihres Heimaufenthaltes immer noch auf ihn fixiert war, nicht allein zurück lassen wollte. Das Ehepaar war 30 Jahre verheiratet. Martin K. hat vor Gericht die Aussage verweigert. Einer seiner Verteidiger sagte, dass er bei polizeilichen Vernehmungen bestritten seine Frau getötet zu haben.

Ein Zeichen, dass Martin K.s Krebserkrankung offenbar schon weit fortgeschritten ist, könnte ein Entscheidung des Schwurgerichts sein: Am Freitag wurde der den Haftbefehl gegen Martin K. auf Antrag der Verteidigung ausgesetzt. Der hagere, weit aus älter als 60 Jahre wirkende Angeklagte durfte noch am gleichen Tag das Untersuchungsgefängnis verlassen.

Martin K. soll nun zunächst von einem Rechtsmediziner untersucht werden. Vieles spricht dafür, dass der Prozess aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen wird. Nächster Verhandlungstermin ist der 9. April.