Eins steht fest: Das massive siebengeschossige Parkhaus an der Passauer Straße 1–3 aus dem Jahr 1966, verbunden mit dem KaDeWe durch eine Fußgängerbrücke, ist nicht mehr erhaltenswert und soll einem Neubau weichen. Doch wie der im Endeffekt an dieser prominenten Ecke der City West aussehen soll, steht noch nicht 100-prozentig fest. Denn am Montag hat sich das Baukollegium mit dem Projekt beschäftigt und dabei Änderungsempfehlungen ausgesprochen. So sprechen sich die Experten für eine Fassade aus Stein statt der geplanten aus Glas aus. Der Bauherr Signa möchte schon im kommenden Jahr mit dem Vorhaben beginnen. Seit zwei Jahren arbeitet er bereits an den Plänen. Das Baukollegium, das der Senat bestellt und das sich über städtebaulich wichtige Projekte mit den Bauherren austauscht, setzt sich aus renommierten Fachleuten aus den Bereichen Architektur, Städtebau und Landschaftsarchitektur zusammen.
Wie berichtet, möchte das Unternehmen Signa, dem auch das KaDeWe gehört, das Grundstück mit einem zweigeschossigen Sockelgeschoss bebauen. Darauf entsteht entlang der Straße ein Gebäude, das den Blockrand schließt und die Traufhöhe des benachbarten Gründerzeitbaus Passauer Straße 4 aufnimmt. Das Parken wird künftig nicht mehr oberirdisch, sondern in fünf Untergeschossen ermöglicht. Waren anfänglich in diesem Straßengebäude drei bis vier Geschosse für Einzelhandel vorgesehen, reduzieren die neueren Planungen diese Nutzung auf zwei Ebenen, Erdgeschoss und erstes Untergeschoss, eventuell noch erstes Obergeschoss. Wie Architekt Arnold Ernst bei der Vorstellung des Projektes dem Baukollegium berichtete, sei dies in Abstimmung mit dem KaDeWe verändert worden. In den Etagen darüber sind Büroflächen geplant.
„Ich freu mich, dass wir in den Diskurs kommen“
Der Innenhof mit den Sockelflächen wird möglichst grün gestaltet, dort ist aber auch ein Hochhaus mit 13 Vollgeschossen als Bürogebäude geplant. Wenn mit dem Projekt Anfang 2019 begonnen werden sollte, könnte es 2021 oder 2022 fertig sein. „Wir gehen von drei bis vier Jahren Bauzeit aus“, sagte Reiner Müller, Leiter der Projektentwicklung bei Signa. Dass das Vorhaben vom Baukollegium kritisch unter die Lupe genommen wurde, nahm Müller gelassen. „Ich freu mich, dass wir in den Diskurs kommen, und ich freu mich auch über die Anregungen. Wir machen das ja nicht nur für uns, sondern auch für die Stadt. Wir wollen eine gute Lösung für alle“, sagte er während einer Pause des Beratergremiums, das in der alten Kantine der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Fehrbelliner Platz tagte.
Den weiteren Vorschlag, den Baukollegiumsmitglied Regine Keller, Landschaftarchitektin und Stadtplanerin aus München, nach der internen Erörterung referierte, hält Architekt Arnold Ernst für einen „spannenden Ansatz“: nämlich den auf dem Dach vorgesehenen „großen Technikkasten“ besser in einem Zwischengeschoss unterzubringen. Das habe den Vorteil, so Keller, dass er vom Hochhaus nicht als hässlicher Aufbau zu sehen sei und außerdem das obere Geschoss als wertvolle Dachterrasse geplant werden könne.
Zudem kritisierte Keller, dass bei dem Entwurf für die Passauer Straße 1–3 nach Ansicht des Kollegiums zu wenig auf die nahe Umgebung eingegangen worden sei. Dazu sei es nicht nur wichtig, wie der direkte Nachbar, das Gründerzeithaus Passauer Straße 4, angeschlossen werden könne, sondern auch, wie man die Nachbarschaft mit seinen Plänen harmonisiere, beispielsweise auch die am Tauentzien mit dem von Gottfried Böhm entworfenen Geschäftshaus, in dem P&C untergebracht ist. „Wie bringe ich die Elemente aus verschiedenen Zeiten so zusammen, dass mein Haus genauso selbstverständlich dort steht wie die anderen an der Straße“, laute die Frage, so Keller. Es lohne deshalb, über eine steinerne Fassade nachzudenken.
Architekt Arnold Ernst verteidigte den für das Vorhaben gewählten Ansatz, in der Nähe gebe es „eine Menge gläserner Ansätze“. Zudem fänden sich nicht nur Glas-, sondern auch diverse Stein-Anleihen in seiner Planung, beispielsweise in Deckenrändern. Mit Muschelkalk werde so Bezug auf die Fassade des KaDeWe genommen.
Manfred Kühne, Leiter der Abteilung Städtebau und Projekte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, begrüßte zur Sitzung auch Stadtentwicklungsstadtrat Jörn Oltmann (Grüne). Er beschäftigt sich mit den Fachleuten des Bauamtes schon länger mit der Neubauplanung für das Grundstück und findet den Eingangsbereich und auch das erste Obergeschoss „gut gelöst“, aber die Partie oberhalb kommt ihm „sehr gleichförmig und zu wenig aufgelockert“ vor.
Bezirksamt begrüßtdas Bauvorhaben
Insgesamt begrüße der Bezirk Tempelhof-Schöneberg aber das Bauvorhaben und habe deshalb auch mehr Geschossfläche zugestanden. Die Geschossflächenzahl sei von rund fünf auf fast neun erhöht worden. „Bei der fast doppelten Fläche legen wir aber auch viel Wert auf die Gestaltung“, so Oltmann. Die Baubehörde teile die Vorschläge des Baukollegiums.
Die Vorschläge werden jetzt im Bezirksamt mit dem Bauherrn und dem Architekten weiter besprochen. Die überarbeiteten Pläne sind dann noch einmal Thema im Baukollegium.