Berlin. Der Insolvenzverwalter der Fluggesellschaft Air Berlin will offenbar einen langen Rechtsstreit mit dem früheren Hauptanteilseigner Etihad vermeiden. Wie die Berliner Morgenpost erfuhr, plant Lucas Flöther, dem Gläubigerausschuss am heutigen Montag vorzuschlagen, der Golf-Airline einen Vergleich anzubieten. Die Gläubiger kommen am Vormittag in der Air-Berlin-Zentrale am Saatwinkler Damm in der Nähe des Flughafens Tegel zusammen. Im Zentrum des Treffens steht die Frage, wie mögliche Schadenersatzansprüche gegen Etihad durchgesetzt werden könnten.
Der Zahlungsstopp von Etihad hatte die Zahlungsunfähigkeit von Air Berlin ausgelöst. Hintergrund für mögliche Schadenersatzforderungen der Gläubiger an Etihad ist eine Zusage der Airline vom April 2017, Air Berlin bis Ende 2018 finanziell zu unterstützen.
Aufgabe eines Insolvenzverwalters ist es, möglichst viel Geld für die Gläubiger eines Pleite-Unternehmens einzutreiben. Im Fall der insolventen Air Berlin hat Verwalter Lucas Flöther da vor allem den einstigen Großaktionär Etihad Airways im Blick. Hintergrund für mögliche Schadenersatzforderungen an Etihad ist ein Schreiben aus dem April des vergangenen Jahres: In einem sogenannten „Letter of Comfort“ hatte der damalige Chef der Golf-Airline, James Hogan, zugesichert, Air Berlin bis Ende 2018 finanziell zu unterstützen. Anlass waren Bedenken der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, ob Air Berlin überhaupt noch weiterbetrieben werden kann, wenn Etihad eine versprochene Finanzhilfe über 300 Millionen Euro-Finanz doch nicht auszahlt. Kurz darauf hatte Hogan allerdings seinen Posten räumen müssen. Im August 2017 stellte Etihad dann plötzlich alle Zahlungen an Air Berlin ein.
Insolvenzverwalter Flöther hält das Schreiben von Etihad für eine handfeste Patronatserklärung. Die Golf-Airline habe rechtsverbindlich zugesagt, für Air Berlin finanziell geradezustehen. Auch Gutachten der renommierten Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins sowie des Hamburger Insolvenzrechtlers Reinhard Bork gehen davon aus, dass die Golf-Airline für die Zahlungszusage haftbar gemacht werden kann.

Offene Forderungen gegen Air Berlin von vier Milliarden Euro
Etihad schweigt bislang zu dem Thema. Auf Anfrage teilte eine Sprecherin mit, dass die Fluggesellschaft auch weiterhin keinen Kommentar abgebe. Gleichzeitig verweist die Airline, die sich vollständig im Besitz des Emirats Abu Dhabi befindet, auf Seite 95 des Jahresabschlussberichts von Air Berlin, den die Prüfer von KPMG im vergangenen Jahr erstellt hatten. Dort heißt es über den von Etihad erstellten „Letter of Comfort“: „Bei solchen Erklärungen verbleiben Zweifel, ob diese im Falle der Notwendigkeit durchgesetzt werden können.“
Am heutigen Montag müssen die Gläubiger nun abwägen, wie groß das Risiko ist, bei einer Klage gegen Etihad am Ende mit leeren Händen dazustehen. Falls der Ausschuss es auf einen Prozess ankommen lässt, muss ein Gericht auch klären, für welche Gesellschaft die vermeintliche Zahlungszusage Etihads galt. In jedem Fall würde sich die Golf-Airline mit milliardenschweren Forderungen konfrontiert sehen. Insolvenzexperten schätzen, dass Etihad sogar für die Schulden haftbar gemacht werden könnte. Die britische Mutter-Holding Air Berlin PLC, bei der Etihad Aktionär war, plagen mehr als zwei Milliarden Euro offene Forderungen, den gesamten Air-Berlin-Konzern sogar mehr als vier Milliarden Euro.
Air-Berlin-Verwalter Flöther will dem Ausschuss vorschlagen, zunächst das Gespräch mit Etihad zu suchen. Als Vergleichsangebot steht nach Informationen der Berliner Morgenpost eine mittlere dreistellige Millionensumme im Raum. Ein Vergleich würde Geld sparen. Der Gang vor ein Gericht hingegen dürfte mindestens einen zweistelligen Millionenbetrag verschlingen. Aber auch für etwaige Vergleichs-Verhandlungen bräuchte Air Berlin finanzielle Hilfe. Einspringen sollen Finanzierer, die für die Kosten der juristischen Auseinandersetzungen aufkommen sollen. Zehn Unternehmen hatten in den letzten Wochen bereits Interesse bekundet, einen Rechtsstreit zu bezahlen. Im Erfolgsfall erhalten Prozesskostenfinanzierer dann üblicherweise 20 bis 30 Prozent des Streitwerts als Honorar.
Die Fluggesellschaft aus den Vereinigten Arabischen Ermiraten will derweil das Kapitel Berlin schnell beenden: Bereits Ende Mai werde Etihad die Europa-Zentrale in der deutschen Hauptstadt schließen, wie eine Airline-Sprecherin bestätigte. Die Europa-Geschäfte sollen künftig von London aus geleitet werden. Das Deutschland-Büro werde voraussichtlich nach Frankfurt am Main umziehen. 33 Mitarbeiter sind derzeit noch im Berliner Büro tätig. Wie viele davon in die Hessen-Metropole umziehen werden, ist noch unklar.
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