Verzögerungen

Berlin braucht zehn Jahre für den Bau neuer Schwimmbäder

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Joachim Fahrun
Geschlossene Freibad Pankow am Schlosspark in Berlin . Copyright: DAVIDS/ Florian Boillot, 25.03.2015

Geschlossene Freibad Pankow am Schlosspark in Berlin . Copyright: DAVIDS/ Florian Boillot, 25.03.2015

Foto: DAVIDS/Boillot / DAVIDS

Bäderbetriebe und Bezirke schieben sich gegenseitig die Schuld an den Verzögerungen in Pankow und Mariendorf zu.

Dass Berlin zwei neue Schwimmbäder bauen will, ist schon lange ausgemachte Sache. Anfang 2015 beschloss der Senat das neue Bäderkonzept, das den Bau zweier neuer kombinierter Hallen- und Freibäder in Mariendorf und Pankow vorsieht. Das nötige Geld, je 30 Millionen Euro, gab es auch aus dem gerade frisch eingerichteten Investitionsfonds Siwa. Dennoch wird es wohl bis mindestens zum Jahr 2025 dauern, ehe die ersten Badegäste in die neuen Becken springen können. Das ergibt sich aus dem möglichen Zeitablauf, den die Senatsverwaltung für Inneres und Sport jetzt dem Abgeordnetenhaus vorgelegt hat. Zuletzt waren die Beteiligten davon ausgegangen, die beiden Kombibäder 2021 eröffnen zu können.

Die Verzögerung rührt im Wesentlichen aus einer Fehleinschätzung der rechtlichen Voraussetzungen durch die Berliner Bäderbetriebe und einer offenbar mangelhaften Kommunikation der beteiligten Stellen.

Nach Aussagen von Bäder-Sprecher Matthias Oloew war der Bauherr davon ausgegangen, die neuen Anlagen ohne weitere rechtliche Vorgaben an den Standorten des Sommerbades Pankow an der Wolfshagener Straße und des Kombibades Mariendorf am Anko­gelweg errichten zu können. „Die Bezirke sind anderer Meinung und haben sich mit dieser Auffassung durchgesetzt“, sagte Oloew. Deswegen müssen nun für beide Standorte Bebauungspläne verhandelt werden, bei denen es vor allem um die künftige Lärm- und Verkehrsbelastung der Umgebung gehen werde.

Die Zeitschiene für das Projekt in Mariendorf beschreibt Sport-Staats­sekretär Christian Gaebler (SPD) so: Zwei Jahre für den Bebauungsplan, danach mindestens zwei Jahre für Detailplanungen und noch einmal mindestens zwei Jahre Bauzeit. In Pankow ist die Lage noch komplizierter. Dort hat der Bezirk den Wunsch, auf der großzügigen Grünfläche des Sommerbades womöglich noch eine Grundschule samt Sportplatz und Sporthalle zu errichten. Deshalb wird zunächst die Machbarkeit dieser Idee geprüft. Bis Mai soll das Ergebnis vorliegen. Für die Aufstellung des Bebauungsplans rechnet man in Pankow dann mit zweieinhalb Jahren. Es folgen zwei Jahre Detailplanung und die mindestens ebenso lange Bauphase. So könnte das Bad in Mariendorf vielleicht Ende 2024, das in Pankow nicht vor 2025 fertig sein.

Für den Pankower CDU-Abgeordneten Gottfried Ludewig ist der ganze Vorgang unerklärlich. „Ich stehe fassungslos davor und frage mich, ob überhaupt noch irgendwas funktioniert in Berlin.“

Ideen für neue Schwimmbäder geisterten schon vor fast fünf Jahren durchs politische Berlin. SPD-Fraktionschef Raed Saleh begeisterte sich für ein Freibad auf dem Gelände des Tierparks Friedrichsfelde, aber daraus wird nichts. Dennoch wurde noch unter der rot-schwarzen Regierung beschlossen, den Bürgern etwas Gutes zu tun und neue Kombibäder zu bauen. Solche attraktiven Anlagen aus Frei- und Hallenbädern hatte der frühere Bäderchef Ole Bested Hensing favorisiert. Sie locken Menschen über die eigentliche Schwimmer-Klientel an und sind im Betrieb vergleichsweise günstig, weil die Technik sommers wie winters gleichermaßen zu nutzen ist.

Konkret wurde es mit dem neuen Bäderkonzept, das der Senat vor zweieinhalb Jahren beschlossen hat: Zwei Kombi-Bäder Mariendorf und Pankow sollten kommen. Geld gab es auch aus den Überschüssen früherer Haushaltsjahre, das der Senat für Investitionen zurücklegt. Noch ist aber wenig geschehen. Und so wird es bis 2025 dauern, ehe die neuen Bäder öffnen werden.

Die Bäderbetriebe hatten gedacht, sie könnten die neuen Anlagen ohne Bebauungsplan auf ihre Gelände stellen. Die Bezirke sehen das anders und verlangen eine ausführliche Planung.

Warum aber fast drei Jahre vergingen, ehe unter den Beteiligten die Erkenntnis reifte, dass zunächst Baurecht geschaffen werden muss, kann niemand so recht erklären. Im Haus des Sport- und Innensenators Andreas Geisel (SPD) hält man die Situation zwar für „nicht gut“, verweist aber auf die seinerzeit zuständigen Vorgänger um Ex-Innensenator Frank Henkel (CDU) und seinen Sport-Staatssekretär Andreas Statzkowski.

Dennoch dauerte es auch unter Geisels Regie wieder ein Jahr, ehe etwas Sichtbares passierte. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hat kurz vor Weihnachten beschlossen, für den Ankogelweg einen Bebauungsplan aufzustellen. Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) weist den Verdacht, der Bezirk habe Zeit vertrödelt, vehement zurück.

„Wir wollen dieses Bad unbedingt“, heißt es vom Bezirk

Erst im September 2017 hätten die Bäderbetriebe dem Bezirk dargelegt, was sie ungefähr auf der Fläche des Ankogelbades planten. Ohne solche Vor-Information könne man keinen Bebauungsplanverfahren einleiten, so der Kommunalpolitiker. Diese Konzeption für das Bad habe es „die ganze Zeit nicht“ gegeben. „Wir wollen dieses Bad unbedingt, planen und bauen aber nicht selbst“, so Oltmann. Gedankenspiele, auf einem Teil der riesigen Liegewiese neben dem neuen Bad auch Wohnungen zu bauen, hätten die Bäderbetriebe aufgegeben.

Die Sportverwaltung ist dabei, den weiteren Fortgang der Bäder-Projekte zu koordinieren. Dazu treffen sich in „Jour Fixes“ die Senatsverwaltungen für Sport, Inneres, Finanzen und Bau sowie die Bäderbetrieben und die jeweiligen Bezirke. Derzeit werde untersucht, wie man von den geltenden Regeln abweichen und die Projekte an eine Firma als Generaunternehmer vergeben könne.