Mehr als jeder zweite Berliner Haushalt hat aufgrund seines geringen Einkommens Anspruch auf eine Sozialwohnung – aber nur jedem Siebten mit Wohnberechtigungsschein (WBS) steht auch tatsächlich eine zur Verfügung. Und das Missverhältnis wird in den kommenden Jahren weiter wachsen, denn es werden deutlich weniger neue Sozialwohnungen gebaut als durch auslaufende Belegungsbindungen wegfallen.
Das Problem betrifft jedoch nicht nur Berlin, sondern das gesamte Bundesgebiet, wie aus einer Studie des Pestel-Instituts (Hannover) und der Arbeitsgemeinschaft für fachgerechtes Bauen (ARGE Kiel) hervorgeht, die am Donnerstag auf dem Wohnungsbautag in Berlin präsentiert wurde.
Die Wissenschaftler mahnen in ihrer Untersuchung enormen Handlungsbedarf an: Bundesweit seien nur sechs Prozent aller Mietwohnungen sozial gebunden. In Berlin fällt die Bilanz noch dramatischer aus: Hier sind nur noch rund 100.000 und damit lediglich 5,2 Prozent des gesamten Bestandes Sozialwohnungen. Zudem kommt der Bau nur schleppend voran. 2015 wurden lediglich 69, 2016 dann 165 und im vergangenen Jahr 785 Sozialwohnungen bezugsfertig. Vorgenommen hat sich Rot-Rot-Grün jedoch den Bau von 3000 Sozialwohnungen im Jahr. Immerhin: Am Mittwoch hatte Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) darauf verwiesen, dass 2017 der Bau von 3132 Wohnungen bewilligt wurde.
Angesichts dieser Schieflage fordert das Verbändebündnis Wohnungsbau, in dem sich sieben Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche zusammengeschlossen haben – darunter der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) –, dass jede fünfte der 400.000 Wohnungen, die jährlich laut Koalitionsvertrag von Union und SPD auf Bundesebene gebaut werden sollen, eine Sozialwohnung sein müsse.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, dass der von CDU, CSU und SPD ausgehandelte Vertrag viele gute Ansätze für den Wohnungsbau biete. Allerdings habe ihn enttäuscht, dass „Bauen dem Ressort Inneres und Heimat zugeschlagen wird“. Besser wäre gewesen, wenn das Thema Bauen ein eigenes Ressort bekommen hätte. „Angesichts der Wichtigkeit der Wohnungsfrage wäre das ein starkes Statement gewesen“, sagte Müller.