Berlin. Mit der Entlassung von Polizeipräsident Klaus Kandt und der Ankündigung eines „dringend erforderlichen Neuanfangs“ bei der Berliner Polizei ist Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag in die Offensive gegangen. Einen Tag später war bereits wieder Verteidigung angesagt. Mit seinem Vorhaben, den Nachfolger Kandts ohne Ausschreibung zu ernennen, zog sich der Senator umgehend die Kritik der Opposition im Abgeordnetenhaus zu. Intransparent nannte CDU-Innenexperte Burkard Dregger das Vorhaben am Donnerstag. Kritik kam auch von der FDP, die eine „Bestenauslese ohne Rücksicht auf das Parteibuch“ gefordert hatte.
Der Innensenator verteidigte am Dienstag nochmals seine Entscheidung, den Polizeipräsidenten zu ernennen. Aus der Innenverwaltung hieß es dazu, ein solches Verfahren in Abstimmung mit dem Landespersonalausschuss sei rechtlich einwandfrei, die entsprechende gesetzliche Regelung gebe es bereits seit 2012. Geisel selbst sagte dem Inforadio am Dienstag, die Personalie zur Nachfolge von Kandt, die er „im Kopf habe“, sei keine Parteibuchentscheidung, „das werden Sie sehen“. Wer die Berliner Polizei künftig leiten werde, sagte der Senator wie schon am Tag zuvor auch diesmal nicht.
Einstweilen übernimmt die Leitung kommissarisch Michael Krömer, der dienstälteste Direktionsleiter. Als „Feuerwehrmann“ einzuspringen, wenn es brennt, ist für Krömer, der wie alle Spitzenbeamten der Berliner Polizei den Rang „Direktor beim Polizeipräsidenten“ innehat, nicht neu. Einspringen musste er bereits 2015, als der damalige Leiter der Polizeidirektion 5 (Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln) unter anderem im Zusammenhang mit den Vorgängen um die Gerhart-Hauptmann-Schule intern in die Kritik geraten war. Er musste daraufhin sein Amt abgeben, eine höchst umstrittene Entscheidung der Behördenleitung, die Kontroversen vor allem bei den Beamten seiner Dienststelle auslöste. Krömer übernahm die Nachfolge mit dem Auftrag, die Direktion zu „befrieden“.

Krömer hat 20 Jahre Erfahrung als Polizeiführer und Einsatzleiter
Krömer hatte zuvor die Direktion 3 geleitet, war für das Regierungsviertel zuständig. Davor agierte er als Leiter Einsatz im Stab des Polizeipräsidenten. Seine erste Führungsaufgabe übernahm er bereits 1998 als Leiter der Direktion 6. Er gehörte damals zu einer ganzen Riege aufstrebender Beamter, die nahezu zeitgleich in Spitzenstellungen gelangten.
Dieser Generationswechsel hat viel verändert bei der Berliner Polizei. Die neuen Chefs hatten – vor 20 Jahren noch keine Selbstverständlichkeit – allesamt ein Fachhochschulstudium absolviert. Auf dem Lehrplan stand nicht nur eine fundierte juristische Ausbildung, gelehrt wurden auch Psychologie und Soziologie, Fächer, die bei altgedienten Polizeiführern zumeist Naserümpfen hervorriefen. An die Stelle des vom Militär übernommenen Prinzips von Befehl und Gehorsam trat der kooperative Führungsstil mit flachen Hierarchien. Auch die Prävention und der „Dialog mit dem Bürger auf der Straße“ wurden zu wichtigen Elementen der Polizeiarbeit.
Über Krömer, der drei Direktionen und zahlreiche Großeinsätze leitete, heißt es in der Behörde, er praktiziere diesen Führungs- und Arbeitstilstil bis heute. Sein einziges Manko möglicherweise: Michael Krömer ist bekennender Fan von Hannover 96.
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