Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt soll mit sofortiger Wirkung abgelöst werden. Das erfuhr die Berliner Morgenpost am Montag. Innensenator Andreas Geisel (SPD) lud kurzfristig zu einer Pressekonferenz um 12.00 Uhr ein. In der Einladung hieß es, er werde über Veränderungen bei der Polizei informieren.
Kandt führte die Berliner Polizei seit Ende 2012. Er war von der Bundespolizeidirektion gewechselt. Der 57-Jährige hatte zuletzt wegen möglicher gesundheitsbelasteter Polizei-Schießstände sowie der Zustände an der Berliner Polizeiakademie in der Kritik gestanden.
Die Morgenpost listet die Pannen bei der Berliner Polizei auf:
Schießstände
In der Affäre um schadstoffbelastete Schießstände der Polizei ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Polizeipräsident Klaus Kandt und seine Stellvertreterin Margarete Koppers. Dazu liegen mehrere Strafanzeigen vor, der Vorwurf lautet auf Körperverletzung im Amt. Beide sollen frühzeitig von Mängeln an den Schießanlagen und daraus resultierenden Gesundheitsgefahren gewusst, aber nichts dagegen unternommen haben.
Der Fall Amri
Am schwerwiegendsten sind die Vorwürfe der Aktenmanipulation. In einer Führungsinformation wurde Amri etwa als kleiner Dealer beschrieben, obwohl die Aktenlage anders war. Der Verdacht: Die Innenverwaltung wurde von der Polizei wissentlich falsch informiert. Zudem kam heraus, dass der Tunesier nur in der Woche, aber nicht an Wochenenden beschattet wurde und die Polizei die Observation eigenmächtig beendete.

Party-Polizei
Es war der Fall, der bundesweit für die meisten Schlagzeilen sorgte. Berliner Polizisten hatten sich am Rande des G20-Gipfels in Hamburg noch vor Einsatzbeginn so daneben benommen, dass sie von den Hamburgern nach Hause geschickt wurden. Der Grund war eine lautstarke Party in einem Container-Dorf in Bad Segeberg, in dem die Berliner untergebracht waren. Bilder dokumentieren das Trinkgelage im Hof und die Verwüstung am Morgen danach.

Polizeiakademie
Gleich mehrfach geriet die Polizeiakademie in die Schlagzeilen. Von einem Polizeianwärter, der Hehlerware aus dem Kofferraum verkaufte, über einen Polizeischüler, der Pornos drehte, bis zu Brüdern, die mit Drogen handelten, gab es dieses Jahr an der Akademie schon mehrere Fälle. Seit einem Jahr schwelt zudem ein Konflikt um die Ausbildung an der Akademie, die im Zuge einer Reform umstrukturiert worden war.

Eine anonyme Audiobotschaft und ein anonymer Wutbrief, die mehreren Medien zugespielt worden waren, sorgten für eine andauernde Debatte über Migranten bei der Polizei. Der Vorwurf: Die Polizei werde von kriminellen Clans unterwandert. Beweise lieferten beide allerdings nicht, die Polizeiführung weist die Vorwürfe entschieden zurück. Aktuell würden gegen 33 der 3000 Polizeischüler Disziplinarverfahren laufen.
Einbrüche
Bei der Polizei wurde 2017 gleich mehrfach eingebrochen. Besonders brisant war ein Einbruch ins polizeihistorische Museum im Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke. Obwohl der private Sicherheitsdienst, der das Polizeipräsidium bewacht, nur wenige Meter weiter weg sitzt und das Büro des Polizeipräsidenten nur eine Etage höher liegt, wurde der Einbruch nicht registriert. Entwendet wurden mehrere Sammlungsstücke. Genauso brisant waren mehrere Einbrüche auf dem Sicherstellungsgelände der Polizei. Mehrfach stiegen Einbrecher auf dem Gelände an der Cecilienstraße ein. Unbekannten gelang es sogar, zwei sichergestellte Fahrzeuge zu entwenden. Im Juli konnten Unbekannte auch in das Gelände an der Belziger Straße (Schöneberg) einbrechen. Das Ziel war ein Auto, das im Zusammenhang mit dem Einbruch ins Bode-Museum sichergestellt worden war. In dem Wagen entleerten sie einen Feuerlöscher. So sollten offenbar Spuren vernichtet werden, was laut Staatsanwaltschaft allerdings misslang (siehe unten).
Türkische Spitzelliste
Auch im Skandal um eine Spitzelliste des Türkischen Geheimdienstes (MIT) ließ die Berliner Polizei ihren Innensenator hängen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) leitete eine Spitzelliste des MIT, auf der auch 25 Berliner Namen stehen, am 7. März 2017 Jahres an die Landespolizeibehörden weiter. Die deutschen Sicherheitsbehörden sollten dem Erdogan-Regime helfen. Politisch war das heikel. Innensenator Geisel selbst erfuhr aber erst am 29. März durch Medienberichte von dem Papier.
Spionierende Polizisten
Immer wieder kommt es bei den 24.000 Mitarbeitern auch zu Amtsmissbrauch. Vor wenigen Wochen akzeptierte eine Kommissarin einen Strafbefehl, weil sie im Polizeicomputer ihre Nachbarschaft ausspioniert hatte. Vor wenigen Tagen war ein Berliner Polizeibeamter wegen Korruption zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 50-Jährige in 173 Fällen personenbezogene Daten aus dem Polizeicomputer unbefugt weitergegeben und in acht Fällen ein Entgelt erhalten habe. In einem anderen Fall fotografierte eine Studentin der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Fahndungsbilder von Mitgliedern einer arabischen Großfamilie ab und versendete sie per Whatsapp.

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt muss Posten räumen