Für die Nutzer der S-Bahn war der Donnerstag kein guter Tag. Ein Gleisbruch am Bahnhof Lichtenberg sorgte auf drei Linien für Ausfälle und Verspätungen. Auch als der Schaden beseitigt war, rollte der Zugverkehr lange Zeit nicht nach Plan. Der in den vergangenen Tagen nicht einmalige Vorfall zeigt: Es muss viel getan werden, um das Gleisnetz in Berlin fit zu halten.
Rund 550 Millionen Euro will der Bahnkonzern in diesem Jahr in die Erneuerung von Schienen, Weichen, Stellwerken und Bahnhöfen investieren. Bis zu 100 Baustellen gleichzeitig werde es in Berlin und Brandenburg geben, kündigte das Unternehmen am Donnerstag an. „Wir werden allein 33 Brücken erneuern, die teilweise noch aus Kaisers Zeiten stammen“, sagte der Bahn-Bevollmächtigte Berlin, Alexander Kaczmarek. Um alles wie geplant zu schaffen, sollen 210 Ingenieure, Planer, Bauüberwacher und Gleisbauer neu eingestellt werden.
Schattenseite des ehrgeizigen Programms: Zehntausende Bahnreisende müssen sich auf Umwege, Ersatzverkehr und längere Fahrzeiten einrichten. Die Berliner Morgenpost stellt die wichtigsten Vorhaben bei der S-Bahn und im Fern- und Regionalverkehr vor:
S-Bahnlinie 2 Die wichtige Pendlerverbindung zwischen Bernau im Norden und Blankenfelde im Süden wird an zwei Abschnitten zur Großbaustelle. Am 16. März beginnen die Arbeiten am Südast der S2. Dort wird die fast 100 Jahre alte mechanische Fahrsperre, die das Überfahren von Haltesignalen verhindern soll, durch ein elektronisch gesteuertes Zugbeeinflussungssystem (ZBS) ersetzt. Zudem wird in Marienfelde ein neues Stellwerk gebaut. Von 16. bis 26. März fahren zwischen Blankenfelde und Marienfelde Busse statt Bahnen, anschließend wird die Streckensperrung bis Priesterweg ausgeweitet. Bis 3. April heißt es für 57.000 S-Bahn-Nutzer: umsteigen und Zeit mitbringen. Die S-Bahn richtet einen Bus-Ersatzverkehr ein, der auch am Bahnhof Südende halten wird. Dort kann dann in die Züge der Linien S25 und S26 umgestiegen werden.
Südring Aus- und umsteigen müssen ab 16. März gut drei Wochen lang auch die S-Bahn-Nutzer im Berliner Süden. Gut 25 Jahre nach Wiederaufbau des S-Bahn-Ringes sind Schienen und Weichen verschlissen und müssen ausgetauscht werden. Im ersten Bauabschnitt bis 27. März ist der Abschnitt Tempelhof–Südkreuz nur eingleisig befahrbar, in Südkreuz muss zur Weiterfahrt die Bahnsteigseite gewechselt werden. Vom 27. März bis zum 9. April ist dann der Abschnitt zwischen Hermannstraße und Südkreuz gesperrt, die Ringbahnlinien S41 und S42 sowie die S46 werden unterbrochen, die S47 fährt nur bis Schöneweide und die S45 als S9 zwischen Treptower Park und Schönefeld. Die S-Bahn richtet ab 27. März Ersatzverkehr ein. Busse halten auch am U-Bahnhof Alt-Tempelhof (Übergang zur U6 möglich).
Ideal für eine Umfahrung wäre die U-Bahnlinie 7, doch die BVG baut gleichzeitig. Vom 19. März bis zum 9. April fahren auf der U7 zwischen Hermannplatz und Möckernbrücke gleichfalls nur Busse.
Warum es zu dieser Überlappung kommt, konnte Detlef Speier von der Fahrgastinformation S-Bahn nicht sagen. „Eigentlich soll so etwas vermieden werden. Aber beide Unternehmen wollen die Osterferien für die Arbeiten nutzen.“ Betroffen von den Einschränkungen sind allein bei der S-Bahn rund 290.000 Reisende, die auf dem Südring unterwegs sind.
Karower Kreuz Siebeneinhalb Wochen wird der Zugverkehr im Norden der S2 unterbrochen. Grund sind Bauarbeiten am Karower Kreuz. Das Bahnkreuz, über das einerseits die S-Bahnen der Linien S2 und S8, andererseits die Fern- und Regionalzüge in Richtung Ostsee fahren, gilt als einer der größten Engpässe im Bahnnetz der Hauptstadt. Dort werden nun nicht nur Brücken erneuert, die Fernbahn erhält auch das nach Ende des Zweiten Weltkrieges abgebaute zweite Gleis zurück. Nachdem die ursprünglich für Jahresbeginn geplanten Brückenbau-Arbeiten verschoben werden mussten, wird nun im Sommer gesperrt. Was die S-Bahn-Nutzer freut, weil sich nicht bei Frost auf die Ersatzbusse warten müssen, dürfte die Ostsee-Urlauber und Brandenburg-Ausflügler ärgern. Bereits ab 10. Juni wird die Strecke nach Rostock unterbrochen, der RE5 fährt dann erst ab Oranienburg.
Der RE3 in Richtung Stralsund wird seit Monaten über Lichtenberg und Gesundbrunnen umgeleitet. Der Zugverkehr auf S2 und S8 wird vom 26. Juni bis 17. August zwischen Pankow–Blankenburg und Karow–Buch unterbrochen. Bis zu 100.000 Reisende am Tag sind davon betroffen. Die S-Bahn plant Ersatzverkehr, der teils über die Autobahn 114 („Pankow-Zubringer“) geführt wird. Das Problem: Der Senat will im Frühjahr mit der mehrfach verschobenen Sanierung der maroden Autobahn beginnen.
Weitere Vorhaben Am Bahnhof Schöneweide wird im April eine neue Bahnüberführung über den Sterndamm errichtet, bevor man die Station ab August erneuert. Die S-Bahn-Strecken von Anhalter Bahnhof bis Wannsee (Linie S1) und von Westkreuz bis Spandau (S5) bekommen neue Leit- und Sicherungstechnik. Zwischen Ostkreuz und Ostbahnhof sollen bis November zwei weitere Gleise für die S-Bahn fertiggestellt sowie ein weiterer Regionalbahnsteig am Ostkreuz fertiggestellt werden.

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