Umwelt

Das Problem mit den Pumpen

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Brigitte Schmiemann

Anwohner sollen die Anlage zur Grundwassersenkung mit einem Verein betreiben

Im Blumenviertel in Neukölln laufen die Pumpen in vielen Kellern der Einfamilienhäuser. Das ist nötig, obwohl die Brunnenanlage im Glockenblumenweg noch in Betrieb ist. Noch. Sie ist alt und muss erneuert werden. Die Senatsumweltverwaltung möchte den Betrieb der Pumpanlage ohnehin, wie berichtet, in die Hände der betroffenen Hauseigentümer geben. Sie seien selbst verantwortlich, wenn sie ihre Häuser nicht fachgerecht hätten abdichten lassen.

Der Streit schwelt seit Langem. Skepsis und Angst vor einem nicht zu kalkulierenden Risiko, wenn sie das Grundwassermanagement selbst übernehmen, ist bei den Betroffenen groß. Die Senatsverwaltung hingegen zeigt sich optimistisch. Das Pilotprojekt zum Rudower Blumenviertel komme voran. Es hätten sich „genügend Betroffene gefunden, die Interesse an einem dauerhaften Betrieb der Anlage zur Grundwasserabsenkung durch einen Verein oder Verband bekundet“ hätten, teilt Matthias Tang, Sprecher von Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) mit. Von den 4000 im Blumenviertel angeschriebenen Bewohnern habe ein Viertel geantwortet, also 1000. Man wisse nicht, wie viele Hausbesitzer das Problem hätten, nicht alle Häuser hätten einen Keller.

Von den 1000 habe die Hälfte ihre Bereitschaft signalisiert sich zu engagieren, einen privatrechtlichen Verein oder Verband zu gründen, über den der Neubau und der Betrieb einer Brunnenanlage zur Kellertrockenhaltung finanziert werden soll. Das hatte die Senatsverwaltung 2017 zur Bedingung gemacht, damit die alte Brunnengalerie Ende 2017 nicht abgeschaltet wurde. Die Senatsverwaltung werde nun mit den Betroffenen, die sich zur Vereins- oder Verbandslösung bereit erklärt hätten, die weiteren Schritte diskutieren, kündigt Tang an. Noch gibt es aber keinen Termin für das Treffen mit den rund 500 Interessierten.

Eine andere Lösung: Baueiner neuen Brunnengalerie

Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte darum gebeten, den Termin abzustimmen, damit sie und andere Neuköllner Bezirkspolitiker ihn ebenfalls wahrnehmen können. Giffey geht von 4000 betroffenen Haushalten aus, weil die erhöhten Grundwasserstände sich auch auf das Gartenland auswirkten, und einen Garten habe dort jeder. Statt der Vorgehensweise der Senatsverwaltung, die für das Grundwassermanagement zuständig ist, wünscht sie sich eine andere Lösung, die von den Betroffenen ihrer Meinung nach auch eher akzeptiert würde: „Jeder zahlt eine überschaubare Abgabe an die Berliner Wasserbetriebe von 50, 60 Euro. Damit bauen die Wasserbetriebe eine neue Brunnengalerie, betreiben und warten sie, so wie jetzt auch.“ Die Bezirksbürgermeisterin glaubt nicht daran, „dass sich ein privater Verein gründen wird, der die Verantwortung für dieses Risiko dort übernimmt“. Haftungsfrage und auch Organisationsform seien von der Senatsverwaltung immer noch nicht geklärt, kritisiert sie zudem.

„Es müsste eine Rechtsverordnung oder Satzung für das Blumenviertel erlassen werden. Ich wünsche mir dort eine Lösung ähnlich einer Kurtaxe mit einem moderaten Beitrag, den jeder Bewohner des Blumenviertels mit seiner Wasserrechnung für die Be- und Entwässerungsgebühren entrichtet“, schlägt Giffey vor. Gebe es solch eine Verordnung für eine Pflichtabgabe nicht, müsse sie eben geschaffen werden. „Wir haben eine Verantwortung für die Leute, wir können sie nicht einfach absaufen lassen, sondern brauchen eine für alle verträgliche Lösung, damit sie nicht den Unwägbarkeiten eines privaten Vereins ausgesetzt sind“, so Giffey.

Dass Kritiker der Vereinslösung zu dem Treffen nicht eingeladen werden sollen, findet die Bürgerinitiative „SOS! Grundwassernotlage in Berlin Rudow und Johannisthal“ (www.grundwassernotlage-berlin.de) nicht in Ordnung. „Wir haben viele Fragen an die Senatsverwaltung, die uns bislang nicht beantwortet wurden“, sagt Wolfgang Widder von der BI, die sich seit mehr als 20 Jahren um die Probleme mit dem Grundwasser kümmert. Laut Widder wird es niemanden geben, der sich bereit erklärt, als Vorsitzender eines Vereins die finanzielle Haftung zu übernehmen. Schließlich habe die Senatsverwaltung selbst die Kosten für eine stadtweite Wasserabsenkung einmal auf rund 95 Millionen Euro jährlich geschätzt.

Hausbesitzer haben einen Verein gegründet

Dass es schwierig werden kann, sieht auch der „Verband Deutscher Grundstücksnutzer“ (VDGN) so. Er will prüfen lassen, in welcher Form ein Verein oder Verband solche öffentlichen Aufgaben überhaupt übernehmen darf. „Man kann Betroffene doch nicht zwingen, um siedlungsverträgliche Grundwasserstände muss sich der Staat kümmern“, findet VDGN-Vizepräsident Peter Ohm. Das Problem sei ein berlinweites, um dessen Lösung sich der Senat bislang nicht wirklich bemüht habe, wirft Ohm den Verantwortlichen vor: „In Rudow soll ein Exempel statuiert werden“.

Von hohen Grundwasserständen betroffene Hausbesitzer haben zwar inzwischen einen Verein gegründet. Neben Rudowern aus dem Blumenviertel beteiligen sich Betroffene aus Bezirken wie Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf. Der Verein mit zurzeit etwa 100 Mitglieder wurde nach Auskunft des Vize-Vorsitzenden Olaf Schenk gegründet, um rechtliche Fragen zu klären und Lösungen zu finden, aber er will nicht die Brunnenanlage betreiben. „Diese Verantwortung, auch finanziell, kann kein Verein oder Verband übernehmen“, sagte Schenk. Erreichbar ist der Verein per E-Mail: vorstand@grundwasserinberlin.de.