Berlin. Asylbewerber haben die Möglichkeit, Ein-Euro-Jobs anzunehmen. Dafür müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Die bereitgestellten Angebote werden aber kaum genutzt. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Soziales, Arbeit und Integration auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Fraktionschefs Sebastian Czaja hervor.
Ein großer Teil der zur Verfügung stehenden Arbeitsgelegenheiten, die mit 80 Cent Aufwandsentschädigung pro Stunde vergütet werden, kommt aus einem Bundesprogrammen. Im Sommer 2016 legte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das Programm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ (FIM) auf, das dann ab Anfang 2017 umgesetzt wurde. Laut Sozialverwaltung wurden auf dessen Grundlage in Berlin insgesamt rund 1400 Plätze geschaffen, die von 413 Geflüchteten in Anspruch genommen wurden. Derzeit nähmen 175 Menschen an den Maßnahmen teil. Die Palette der Jobangebote reicht von handwerklichen Tätigkeiten und Küchendienst über Mobilitätshilfe und Datenerfassung bis zu Arbeiten in Grünanlagen und dem sogenannten Upcycling gebrauchter Möbel, Elektrogeräte und Fahrräder.
Der wesentliche Grund für die geringe Auslastung liegt offenbar in der Einschränkung des zulässigen Teilnehmerkreises. Wer bereits geduldeter Flüchtling ist oder aus einem sicheren Herkunftsland kommt, darf so einen Job nicht annehmen. Das gilt auch für Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die als vollziehbar ausreisepflichtig gelten. Die Teilnehmer rekrutieren sich also ausschließlich aus volljährigen Flüchtlingen, die sich noch im Asylverfahren befinden und bisher keine bezahlte Arbeit aufgenommen haben. Die Teilnahme am FIM-Programm ist zudem freiwillig. Insbesondere wegen der inzwischen kürzeren Verfahrensdauer und des abgeschwächten Flüchtlingszuzugs nach Deutschland ist der Kreis der Aspiranten stark geschrumpft.
Zahl der Zuweisungen bleibt in Berlin bislang gering
Kritiker bemängeln zudem den hohen bürokratischen Aufwand. In Berlin gilt folgendes Prozedere: Ein sozialer Träger, zum Beispiel ein gemeinnütziger Verein, erstellt das Konzept einer Integrationsmaßnahme und reicht dieses beim Landesamt für Flüchtlingsangeleghenheiten (LAF) zur Prüfung ein. Danach wird das Konzept mit den Bezirken, in denen der Einsatz stattfinden soll, abgestimmt. Bei einer positiven Entscheidung schließt im nächsten Schritt die Bundesagentur für Arbeit einen Vertrag mit dem Träger über die Integrationsmaßnahme ab. Schließlich vermittelt das LAF in Abstimmung mit dem Träger Flüchtlinge in das Projekt.
Folglich blieb die Zahl der Zuweisungen von Flüchtlingen in solche Integrationsmaßnahmen in Berlin bislang gering. Zum Start im Februar waren es 77 Flüchtlinge, im Mai war der Höchststand mit 84 Flüchtlingen erreicht. Dann sanken die Zahlen deutlich, im Oktober auf zwei, im November auf elf Menschen. Im Dezember erfolgte schließlich gar keine Zuweisung. Die geringe Auslastung ist aber ein bundesweites Phänomen, deshalb hat das Bundesarbeitsministerium das FIM-Programmbudget in diesem Jahr von 300 Millionen Euro auf 60 Millionen eingedampft. Für 2019 könnte es eine weitere Kürzung geben, Ende 2020 läuft das Programm ohnehin aus.
Arbeitssenatorin: „Das Programm ist ein Rohrkrepierer“
Wer in dessen Rahmen einen 80-Cent-Job annimmt, ist bis zu sechs Monate und maximal für 30 Stunden pro Woche im Einsatz. Die Arbeitsaufnahme kann scheitern oder vorzeitig beendet werden, wenn das Asylverfahren mit einem Aufenthaltstitel oder einer Ablehnung abgeschlossen wird oder wenn der Betroffene an einem Sprach- oder Integrationskurs teilnehmen soll beziehungsweise ein Praktikum, eine Ausbildung oder ein Arbeitsverhältnis aufnimmt. Auch fehlende Kinderbetreuung nennt die Sozialverwaltung als Grund für einen Abbruch.
„Für die Dauer der Laufzeit der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen werden diese so gut wie unter den definierten Rahmenbedingungen möglich genutzt“, schreibt Integrationsstaatssekretär Daniel Tietze in seiner Antwort an Sebastian Czaja. Einen „signifikanten Stellenwert“ werde das Arbeitsmarktprogramm FIM nach Einschätzung des Senats jedoch nicht entfalten. Sozial- und Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) wird deutlicher: „Das Programm ist ein Rohrkrepierer“, sagte sie der Berliner Morgenpost.
Arbeitsgelegenheiten in den Flüchtlingsunterkünften häufiger genutzt
Die zweite Möglichkeit für Asylbewerber, befristet einen 80-Cent-Jobs anzunehmen, nutzen nach Auskunft der Arbeits- und Sozialverwaltung etwa 1000 Flüchtlinge im Monat. Dabei handelt es sich gemäß Paragraph 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes um Arbeitsgelegenheiten in den Flüchtlingsunterkünften selbst, zum Beispiel in der Küche, der Kleiderkammer oder im Rahmen von Putztätigkeiten. Hier stehen in Berlin laut Verwaltung aktuell insgesamt knapp 9200 Plätze zur Verfügung, auch diese Auslastung ist also gering.
In der Vergangenheit wurden diese Arbeitsgelegenheiten häufiger genutzt, in der Spitze von bis zu 5000 Flüchtlingen pro Monat. Allerdings besuchen heute mehr Flüchtlinge Sprachkurse. Diese seien nach Angaben einer Verwaltungssprecherin der häufigste Grund, eine solche Arbeitsgelegenheit nicht anzunehmen.
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