Kriminalität

Diese gefährlichen Orte in Berlin sind sicherer geworden

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Alexander Dinger
Polizisten zeigen Präsenz im Görlitzer Park

Polizisten zeigen Präsenz im Görlitzer Park

Foto: dpa Picture-Alliance / Wolfram Steinberg / picture alliance / Wolfram Stein

Drei Kriminalitäts-Hotspots sind dank mehr Polizeipräsenz sicherer geworden. Dafür werden andere Kieze immer mehr zu "Sorgenkindern".

Drei von Berlins gefährlichsten Orten sind etwas sicherer geworden. Das geht aus einem internen Lagebild der Direktion 5 der Polizei hervor, welches der Berliner Morgenpost vorliegt. Demnach hat es am Kottbusser Tor, dem Görlitzer Park und der Warschauer Brücke, die wegen der vielen Verbrechen, die hier passieren auch „Achse des Bösen“ genannt werden, im vergangenen Jahr weniger Straftaten gegeben als im Jahr zuvor. Während man polizeiintern einen Zusammenhang mit dem gestiegenen Kontrolldruck sieht, gibt es in der Direktion bereits neue „Sorgenkinder“.

Besonders stark ist der Rückgang beim Diebstahl. An allen drei Orten gehen die Zahlen nach unten. Auch die Körperverletzungen und Raubtaten nehmen insgesamt leicht ab. Hoch geht es hingegen bei Kontrolltaten wie dem Drogenhandel. Während die Polizei am Kottbusser Tor und der Warschauer Brücke seit Monaten genauer hinsieht und dadurch die Zahlen steigen, zeigt sich im Görlitzer Park die Auswirkung der neuen Toleranzpolitik: In Berlins bekanntestem Drogenumschlagplatz fallen plötzlich die Zahlen.

Bei der Gewerkschaft der Polizei interpretiert man die Daten vorsichtig optimistisch. „Die Zahlen zeigen deutlich, was Polizeipräsenz bewirken kann“, sagt GdP-Sprecher Benjamin Jendro. „Durch den verstärkten und fokussierten Einsatz von szenekundigen Beamten haben wir am ,Kotti‘, im ,Görli‘ und auf der Warschauer Brücke insgesamt eine Entwicklung, die definitiv in die richtige Richtung zielt“, so Jendro. Klar sei aus Sicht der Gewerkschaft aber auch, dass sich niemand zurücklehnen sollte. „Wenn wir die Maßnahmen dort zurückfahren, wird die Kriminalität wieder steigen“, sagt Jendro.

Im Spätsommer vergangenen Jahres hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) 50 zusätzliche Polizisten in die Direktion 5 verlegt, die sich vor allem um das Kottbusser Tor, den Görlitzer Park und das RAW-Gelände an der Warschauer Straße in Friedrichshain kümmern sollten. „Wir werden die Kriminalität zurückdrängen“, sagte Geisel damals.

Dass sich Kriminalität verlagert, kann man schon jetzt an internen Statistik der Polizei ablesen. So werden etwa der Hermannplatz und die Hermannstraße immer mehr zu „Sorgenkindern“ der Direktion 5. An beiden Orten gab es entgegen dem Trend mehr Körperverletzungen. Polizeiintern gibt es warnende Stimmen, dass einem das „früher oder später um die Ohren fliege“.

In dem Lagebild aus der Direktion 5 gibt es auch einen Punkt, der alle Bereiche betrifft und Anlass zur Sorge bereitet: die zunehmende Gewalt gegen Einsatzkräfte. „Mit Besorgnis betrachten wir die wachsende Anzahl an Attacken auf unsere Kollegen. Natürlich kommt es häufiger zu Widerständen, wenn Polizei Straftätern entgegentritt und sie nicht walten lässt“, sagt GdP-Sprecher Jendro. Man beobachte neben einer „wachsenden Verrohung“ allerdings auch eine Zunahme der Intensität, mit der Gewalttäter Polizistinnen und Polizisten angreifen würden.

Diesen Trend wird nach Informationen der Berliner Morgenpost auch die kommende Kriminalitätsstatistik für ganz Berlin belegen, die einen Anstieg zwischen fünf und zehn Prozent bei Angriffen auf Polizeibeamte und Rettungskräfte verzeichnen wird.

HIV-infizierter Schläger spuckt Polizist ins Gesicht

Oft sind es für Polizisten und Rettungskräfte alltägliche Situationen, aus denen sich plötzlich eine bedrohliche Situation entwickeln kann. So geschehen bei einem Einsatz am 1. Januar dieses Jahres. Gegen 10 Uhr wurde der Polizei in der Nähe des Kottbusser Tores an der Admiralstraße eine Schlägerei gemeldet. Vor Ort trafen die Beamten einen Mann mit einer blutenden Wunde am Kopf an.

Als die Polizisten das vermeintliche Opfer befragen wollten, sprang der Mann auf und bedrohte die Beamten. Der Mann wurde laut Einsatzprotokoll fixiert und zu einem Krankenwagen gebracht. Dort spuckte er Speichel und Blut in Richtung der Rettungskräfte. Der Mann traf einen Polizisten im Gesicht und sagte ihm, dass er nun HIV-infiziert sei. Der Beamte wurde sofort zur Untersuchung in das Bundeswehrkrankenhaus in Mitte gebracht. „Das ist der alltägliche Wahnsinn, mit dem wir auf den Straßen zu kämpfen haben“, sagt ein Polizist von einem anderen Abschnitt, der ähnliche Geschichten schon selbst erlebt hat.

Eine gesunkene Hemmschwelle beobachten Polizisten auch bei Raubtaten. Exemplarisch dafür steht ein Fall von der Hermannstraße – ebenfalls vom 1. Januar dieses Jahres. Dort hob eine 53-jährige Frau in den frühen Abendstunden Geld in einer Bank ab. Beim Verlassen der Filiale wurde sie von einem Jugendlichen geschubst. Die Frau fiel hin. Doch damit nicht genug. Die am Boden liegende Frau wurde von einem zweiten Täter mehrfach getreten. Der Täter entriss ihr den Beutel, in dem sich das Portemonnaie befand. Erst als ein Zeuge dazwischenging, ließen die Jugendlichen von der Frau ab. Sie flüchteten unerkannt.

Was Ermittler daran schockiert, ist die Tatsache, dass die Täter auch keine Skrupel haben, auf eine wehrlose, am Boden liegende Frau einzutreten. Wie durch ein Wunder wurde die 53-Jährige durch die Tritte nicht verletzt.

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