Berlin. Fast pünktlich, nur eine akademische Viertelstunde nach dem angekündigten Beginn der Kundgebung, traf die letzte Streikgruppe mit Bannern und Plakaten auf dem Bebelplatz, direkt vor den Toren der Berliner Humboldt-Universität (HU), ein. Die Band hörte auf zu spielen, und Moderatorin Laura Haßler betrat die Bühne. Sie ist studentische Mitarbeiterin der HU Berlin und Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ihr Ruf „Ohne uns läuft hier nichts, gebt uns unsere Kohle fix“ wurde sofort von den versammelten Studierenden übernommen und mit Applaus quittiert.
„Wir sind entschlossen, uns nicht länger als billige Hilfskräfte abspeisen und von der Gehaltsentwicklung aller anderen Hochschulbeschäftigten abkoppeln zu lassen“, sagt Haßler. Seit Jahren sei keine Gehaltserhöhung bei den studentischen Mitarbeitern angekommen.
Es ist der erste studentische Streik in Berlin seit Längerem. „Das ist ein historischer Moment“, sagt André Pollmann, Gewerkschaftssekretär von Verdi, und erntet Beifall und Gebrüll. Trotz der Kälte haben sich über 1000 Studierende vor der Bühne am Bebelplatz versammelt, um eine Lohnerhöhung für studentische Beschäftigte zu fordern. Gemeinsam mit der GEW hatte Verdi die rund 8000 studentischen Beschäftigten Berlins zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Das Ziel: Eine Erhöhung des Stundenlohns von aktuell 10,98 Euro auf 14 Euro und eine regelmäßige Anpassung des Gehalts an die Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst.
„Die Hochschulen haben unsere Lohnverhandlungen wie einen alten Kaugummi über das ganze Jahr 2017 gezogen“, und sie bewusst scheitern lassen, so Pollmann. Nach fünf Runden hatten die Gewerkschaften die Verhandlungen Mitte Dezember letzten Jahres für gescheitert erklärt. Der Kommunale Arbeitgeberverband Berlin (KAV), der die Hochschulen im Tarifstreit vertritt, hatte zuletzt eine schrittweise Erhöhung des Stundenlohns angeboten. Bis 2022 sollte er demnach auf 12,50 Euro steigen – 1,50 Euro weniger als von den Gewerkschaften gefordert.
„Unsere Forderung nach einem Stundenlohn von 14 Euro entspricht nur dem Inflationsausgleich“, sagt Udo Mertens, Verhandlungsführer der GEW Berlin. Gerade für Studierende seien die Lebenskosten in der Hauptstadt explodiert, Mieten und der Preis für das Semesterticket hätten sich weit über das Inflationsniveau hinaus verteuert. „Dieser Streik ist längst überfällig. Die studentischen Beschäftigten warten seit 17 Jahren auf eine Lohnerhöhung“, so Mertens.
„Ohne Druck keine ernsthaften Zugeständnisse“
Neben Gewerkschaftsvertretern meldeten sich auch die Betroffenen selbst zu Wort. Die studentische Mitarbeiterin der HU Celia Bouali sagte, dass 17 Jahre Lohnverfall genug seien und die Studierenden sich nun erkämpfen müssten, was ihnen zustehe. Auch den derzeitigen Tarifvertrag für studentische Mitarbeiter, der laut den Berliner Hochschulen einzigartig sei, gebe es nur wegen des Streiks von 1986. „Ohne Druck sind die Hochschulen nicht dazu bereit, ernsthafte Zugeständnisse zu machen“, so Bouali. Sie ermutigte die Studierenden, sich nicht von den Hochschulen einschüchtern zu lassen.