Berlin. Nikolai N. unterrichtet an der Vineta-Grundschule und postet auf Youtube extremistische Videos. Die Verwaltung reagierte jetzt.

Eigentlich hätte Nikolai N. am Montagmorgen in der ersten Stunde an der Vineta-Grundschule in Gesundbrunnen Sport unterrichtet. Doch nach Medienberichten vom Wochenende über seine möglicherweise volksverhetzenden Internetvideos auf Youtube wurde der Lehrer noch am Sonntag zunächst freigestellt.

Dafür standen am Montag Journalisten vor der Schulpforte und erwarteten von dem kommissarischen Schulleiter Harry Könnecke Antworten. Die zentrale Frage lautete, welche Konsequenzen die Aktivitäten im Netz für den Lehrer haben und warum die Schulaufsicht oder auch die Schulleitung nicht viel früher reagiert hatten.

Videos könnten zum Teil volksverhetzend sein

Die Bildungsverwaltung gab am Montag bekannt, Anzeige gegen Nikolai N. zu erstatten, auch arbeitsrechtliche Schritte werden geprüft. Es bestehe der Verdacht, dass Teile von Videos, die er im Internet veröffentlicht habe, volksverhetzende Inhalte umfassten. Dies müsse nun geprüft werden. Entscheidend sei, ob Herr N. trotz seines öffentlichen Auftretens noch als Lehrer geeignet ist, da Lehrkräfte auch eine Vorbildfunktion haben, heißt es.

Der angestellte Lehrer für Musik und Sport betreibt im Internet seit mehr als drei Monaten einen Youtube-Kanal. Dort hat er Verschwörungstheorien und möglicherweise volksverhetzendes Gedankengut verbreitet. Die Behörden gehen in dem Zusammenhang auch dem Verdacht nach, dass der 37-Jährige den sogenannten „Reichsbürgern“ nahesteht. Die Gruppierung erkennt die Bundesrepublik sowie deren Behörden und Gesetze nicht an, sie wird bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Aktivitäten des Lehrers waren Schulleitung lange bekannt

Schulleiter Harry Könnecke sagte der Berliner Morgenpost, dass sowohl die Schulaufsicht als auch die Leitung der Vineta-Grundschule über die Aktivitäten des Lehrers informiert waren. „Es gab immer wieder Gespräche mit dem Kollegen, zuletzt im November“, sagte Könnecke. Die rechtliche Situation sei aber schwierig. Es habe keine Beschwerden seitens der Eltern gegeben und der Kollege habe offenbar immer gewusst, wie weit er gehen konnte.

Er habe am Montag in einem Brief alle Eltern darüber informiert, dass Nikolai N. nun freigestellt und nicht mehr an der Schule sei, sagte Könnecke. In dem Brief habe er auch mitgeteilt, dass sämtlicher Unterricht vertreten werde. In einer kurzen Dienstbesprechung habe er dann sein Kollegium informiert.

Nikolai N. erklärte in einer Stellungnahme, die er in einem Video in seinem Youtube-Kanal veröffentlichte, dass es mehrfach Gespräche mit der Schulaufsicht gegeben habe. Bevor er vor zwei Jahren an die Vineta-Grundschule kam, arbeitete Nikolai N. an der Moabiter-Grundschule. Die Schule habe er verlassen müssen, weil das Vertrauensverhältnis zu den Eltern gestört gewesen sei, so Nikolai N. Grund seien Gespräche mit seinen Schülern über den Geheimbund Illuminati gewesen, die einige Schüler offenbar sehr verunsichert hätten. Er wechselte die Schule und versprach, über solche Themen nicht mehr im Unterricht zu reden.

Gewerkschaftsvorsitzender: Späte Reaktion der Bildungsverwaltung nicht nachvollziehbar

Hildegard Bentele, Bildungsexpertin der CDU, sagte am Montag dazu: „Es ist ein Armutszeugnis, dass Schulaufsicht und Bildungsverwaltung erst auf Druck der Presse Konsequenzen ziehen.“ Die Kontrollstellen hätten in diesem Fall versagt, dabei habe der Lehrer auch unter den Kollegen offen über seine Ansichten gesprochen. Während verbeamtete Lehrer eine Loyalitäts­pflicht auch außerhalb des Unterrichts hätten und einen Eid auf das Grundgesetz abgeben, gelte das für angestellte Lehrer nicht in gleichem Maße. Auch darüber müsse angesichts dieses Falles diskutiert werden, forderte Bentele. Zudem müsse grundsätzlich geklärt werden, welche Rolle Lehrer in sozialen Medien spielen sollen und welche Grenzen es dort gebe. Denn natürlich könnten Lehrer auch über diese Kanäle auf die Schüler einwirken.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Tom Erdmann, sagte der Berliner Morgenpost, dass er die Freistellung von Nikolai N. begrüße. „Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, weshalb die Bildungsverwaltung erst auf Druck der Medien gehandelt hat“, sagte auch Erdmann. Der Verwaltung seien die Aktivitäten des Lehrers ja offensichtlich bekannt gewesen. „Es gibt arbeitsrechtlich Möglichkeiten, einen solchen Kollegen aus dem Dienst zu entfernen“, so Erdmann.

Eltern haben sich nicht über den Lehrer beschwert

Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses, forderte die Elternschaft der Vineta-Grundschule auf, eine Gesamtelternvertretung einzuberufen und sich mit der Schulleitung über den Fall auszutauschen. Man müsse nun sehr genau hinschauen. Wenn es stimme, dass Nikolai N. für seinen Youtube-Kanal in der Schule geworben habe, müsse das dienstrechtliche Konsequenzen haben.

Maja Lasic, bildungspolitische Sprecherin der SPD, betonte, dass der Video-Kanal erst wenige Monate alt sei. Immerhin sei die Sorge von der Schule an die Verwaltung weitergetragen worden und es habe Gespräche mit dem Lehrer gegeben. Die Vineta-Grundschule liegt im Wahlkreis von Lasic. Von der Elternschaft seien keine Beschwerden an sie herangetragen worden, sagte sie.

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