Wichtige Ergebnisse

Das steht im Untersuchungsbericht zur Polizeiakademie

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Alexander Dinger
Am Donnerstag wurde der Untersuchungsbericht zur Polizeiakademie vorgestellt (Archiv)

Am Donnerstag wurde der Untersuchungsbericht zur Polizeiakademie vorgestellt (Archiv)

Foto: dpa

83 Seiten ist der Sonderbericht zur Polizeiakademie stark, der heute vorgestellt wurde. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse daraus.

Berlin. In einem 83 Seiten starken Sonderbericht hat die Innenverwaltung die Lage der Polizeiakademie analysieren lassen. Das Papier war nach anonym geäußerten Vorwürfen über die katastrophalen Zuständen an der Polizeiakademie von Innensenator Andreas Geisel (SPD) in Auftrag gegeben worden. Besonders in den Auswahlverfahren und in der Betreuung der Polizeischüler soll nachgebessert werden.

Im Raum steht auch eine Kontrolle der Akademie durch die Berliner Schulinspektion. Kommenden Montag soll die Analyse im Innenausschuss vorgestellt werden. Die Berliner Morgenpost dokumentiert die wichtigsten Passagen des Berichts:

Auswahlverfahren

An der Berliner Polizeiakademie sollen die Einstellungsverfahren überarbeitet werden. So sollen noch in diesem Jahr die PC-Tests gegen neue Versionen mit veränderten Aufgaben ausgetauscht werden. Auch der Deutschtest, den alle Polizeianwärter absolvieren müssen, soll komplett überarbeitet werden, ebenso wie die persönlichen Gespräche, die mit jedem Bewerber geführt werden. Der Bericht kommt zu dem Fazit, dass die „persönliche Vorstellung“ den aktuellen Ansprüchen nicht mehr gerecht werde. Das Verfahren soll professionalisiert werden. Vorstellbar seien etwa hauptamtliche Bewerter, heißt es in der Analyse.

Kontrolle

In der Polizeiführung gibt es Überlegungen, die Polizeiakademie von der Berliner Schulinspektion der Senatsbildungsverwaltung kontrollieren zu lassen. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung befinde sich noch im Abstimmungsprozess. In der Regel werde jede Schule alle fünf Jahre besucht und danach als Gesamtsystem bewertet. Inspektionskriterien sind: Schulkultur, Schulmanagement und Personalentwicklung. Gibt es an der Schule Probleme, kann der Kontrollabstand auf zwei Jahre verkürzt werden.

Skandalschmiede Polizeiakademie
Skandalschmiede Polizeiakademie

Einstellungszahlen

In den vergangenen Jahren sind die Einstellungszahlen an der Polizeiakademie konstant gestiegen. Im mittleren Dienst der Schutzpolizei von 150 im Herbst 2006 auf 312 im Herbst dieses Jahres. Gleichzeitig wird die Polizei immer internationaler. Hatten von den 150 Polizeischülern im Herbst 2006 noch neun Schüler einen Migrationshintergrund, waren das von den 312 im Herbst dieses Jahres bereits 142. Die meisten Polizeischüler kommen aus Deutschland, gefolgt von der Türkei, Polen und Russland. Insgesamt werden 72 Herkunftsstaaten aufgelistet.

Personalbedarf

Immer wieder wurde in der Vergangenheit der Vorwurf laut, dass es an der Akademie immer mehr Auszubildende gibt, aber die Anzahl der Lehrkräfte nicht im gleichen Maß mitgewachsen sei. Nach dem alten Strukturmodell (bis 2014) leistete Lehrer jährlich 825 Unterrichtseinheiten a 45 Minuten. Das wurde angepasst. Nun sich es 976 Unterrichtseinheiten a 45 Minuten. Nach altem Modell müsste die Polizeiakademie 486 Lehrkräfte haben. Nach der Strukturreform sind es aber nur 364. Lehrer und Schüler der Akademie wünschten sich mehr Zeit für eine engere Bindung, hieß es in dem Bericht. Es gebe Vorschläge für eine schnellere Reaktion bei Auffälligkeiten. Dazu gehörten eine wöchentliche Klassenleiterstunde, eine längere Einführungsphase, Einstellung von Sozialpädagogen zur Minimierung und Aufarbeitung von Konflikten.

Disziplin

Die Ausbilder bemängeln laut dem Bericht an ihren Schülern, dass Sozialtugenden wie Pünktlichkeit, Höflichkeit oder die Bereitschaft zur Anstrengung „nicht mehr in sehr hohem Maße“ präsent seien. Massive Störungen an der Akademie gebe es allerdings nicht, aber „gravierende Verstöße im Einzelfall“. In jeder Klasse gebe es ein bis zwei Auszubildende, deren Verhalten nicht zufriedenstellend sei. In diesem Jahr wurden laut dem Bericht bis 15. November 35 Disziplinarverfahren gegen Auszubildende des mittleren und höheren Dienstes eingeleitet. Im gesamten Vorjahr waren es 30, 2015 noch 22 Verfahren. Geprüft werde in solchen Fällen auch die charakterliche Eignung. Die Disziplinarverfahren seien proportional zur Schülerzahl gewachsen. Aktuell gibt es insgesamt 2833 Auszubildende.

Gerüchte

In dem Bericht wird ausführlich die Audiobotschaft des Sanitäters behandelt, der sich über die Zustände in einer Klasse an der Polizeiakademie beschwert hatte. Die private Nachricht war öffentlich geworden und hatte die aktuelle Debatte ausgelöst. Demnach habe es eine Aussprache zwischen ihm und der Klasse gegeben, in der die Vorwürfe aus dem Weg geräumt werden konnten. Zu den Vorwürfe eines anderen anonymen Briefeschreibers, dass die Akademie von der Organisierten Kriminalität unterwandert werde, gebe es seitens des Landeskriminalamtes (LKA) keine Erkenntnisse, heißt es in dem Bericht weiter. Die Autoren der Analyse kommen zu dem Schluss, dass der hohe Anteil von Polizeischülern aus Zuwandererfamilien nicht Ursache für problematisches Verhalten sei. Die Vorwürfe von Gewaltandrohung durch Schüler einer Klasse hätten sich nicht bestätigt. Es gebe auch keine gesonderten Schwimmzeiten für Muslime, heißt es in dem Bericht.

Reaktion

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich enttäuscht. „Wirklich schön gewordene Übersicht auf 83 Seiten, die aber so gar nichts offenbart, was wir nicht schon wissen - haben Strukturreform, die dazu diente, Personal einzusparen und jetzt eine Ausbildung, die Anforderungen des Berufs nicht gerecht wird“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro.

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