Für Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) lief das erste Jahr Rot-Rot-Grün gar nicht gut. Denn die Dreier-Konstellation verlangt von ihm vor allem das, was ihm schwerfällt: Führungsstärke zu zeigen. Deutlich wurde das schon beim Start: Wochenlang schaute Müller beim Streit wegen falscher Angaben zur Stasi-Vergangenheit des Bau-Staatssekretärs Andrej Holm zu. Beim BER zog er sich im Frühjahr 2017 als Aufsichtsratschef zurück, sorgte aber noch dafür, dass Flughafenchef Karsten Mühlenfeld gehen musste.
Geändert hat dies nichts: Eine Eröffnung des BER liegt nach wie vor in weiter Ferne. Bei der Debatte um die Zukunft des Flughafens Tegel tauchte Müller zunächst ab, danach stieß er viele Berliner mit der Aussage vor den Kopf, der Flughafen werde unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids geschlossen. In den letzten Wochen vor der Abstimmung vertrat er seine Position dann engagiert. Den Volksentscheid verlor Müller und der Senat dennoch deutlich. Bei der Insolvenz von Air Berlin meldete sich der Regierende Bürgermeister auch erst spät zu Wort. Zwar scheiterte eine große Transfergesellschaft für die Mitarbeiter, Müller sorgte aber immerhin dafür, dass das Land bis zu zehn Millionen Euro für eine Übergangslösung bereitstellt. In der SPD sind unter ihm erneut Macht- und Lagerkämpfe entbrannt. Weil er zu wenig führt.
Note 5
Als Wissenschaftssenator kann Müller mehr Erfolge vorweisen. Die Verträge zwischen Landesregierung und Hochschulen bringen den Hochschulen in den nächsten fünf Jahren 650 Millionen Euro mehr als in der letzten Vertragsperiode. Zudem fördert das Land Gebäudesanierung und Neubau mit 100 Millionen Euro pro Jahr. Das gilt auch für die Charité. Der drohen allerdings rote Zahlen – wenn die Servicetochter CFM in Landesbesitz zurückkommt und dann Löhne wie im öffentlichen Dienst gezahlt werden sollen.
Note 3
Ein Jahr Rot-Rot-Grün – Ein Jahr Ernüchterung
Diese Baustellen muss Rot-Rot-Grün jetzt angehen