Veganes Design

Von Kopf bis Fuß vegan - Tierfreie Mode erobert Berlin

| Lesedauer: 6 Minuten
Isabell Jürgens; Regina Köhler
Christina Wille verkauft in ihrem Geschäft „Loveco“ vegane Mode

Christina Wille verkauft in ihrem Geschäft „Loveco“ vegane Mode

Foto: David Heerde

In Berlin boomt der Vegan-Trend längst nicht mehr nur bei Lebensmitteln. Jetzt erobert er auch die Modebranche in der Hauptstadt.

Berlin.  Vegane Lebensmittel haben längst Einzug gehalten in den Regalen der großen Supermarktketten, von einem Nischenprodukt kann mittlerweile wahrlich keine Rede mehr sein. Aber was ist eigentlich mit der Modebranche? In diesem Bereich setzt der Trend zur veganen Lebensweise gerade erst zum großen Sprung über die Ladentheke, beziehungsweise den Online-shop, an. Und Berlin kommt dabei die Vorreiterrolle zu.

„Berlin ist weltbekannt für kreative und zeitlose Modelabel und Designer“, sagt Frank Schmidt, Fachreferent für Tiere in der Bekleidungsindustrie bei der Tierrechtsorganisation Peta. Neben rein veganen Modelabeln aus der Hauptstadt wie etwa Umasan und Kaliber Fashion gibt es auch rein vegane Modeläden, wie Loveco, DearGoods oder den veganen Schuhhändler Avesu.

Polstermöbel ganz ohne tierische Produkte

„Vegane Mode boomt. Seit Einführung des Peta Approved Vegan Logos 2013 konnten wir bereits 140 Label in Deutschland für das Zertifikat gewinnen“, so Schmidt. Viele davon stammten aus Berlin.

Übrigens habe in diesem Herbst auch das Berliner Unternehmen Möbel Höffner als erstes großes Möbelhaus in Deutschland mit „switch“ eine komplett tierfreie Polstermöbelkollektion herausgebracht.

Auch Christina Wille spricht von einem Trend, der sich positiv entwickelt. Die studierte Kunstwissenschaftlerin hat vor drei Jahren in Friedrichshain einen Laden für vegane Mode aufgemacht: Loveco. Das Geschäft läuft gut, seit Anfang dieses Jahres schreibt sie schwarze Zahlen. Deshalb gibt es seit Kurzem eine Filiale sowie einen Onlineshop. In der Filiale „Loveco selected“ an der Kreuzberger Manteuffelstraße will sie demnächst ausschließlich vegane Schuhe anbieten. „Die sind besonders gefragt“, sagt sie.

Da trifft es sich gut, dass Peta gerade den „Vegan Fashion Award 2017“ an das Berliner Label even&odd verliehen hat – für elegante Stilettos. In der Ru­brik „Beste Schuhe Damen“ überzeugten die stylishen High Heels aus hochwertigem Kunstleder im angesagten metallischen Silber. „Diese tierleidfreien Schuhe verleihen der Herbstgarderobe Glamour“, heißt es in der Begründung der Wettbewerbsjury.

Even&odd ist ein Young Fashion Label, das 2012 gegründet wurde und über Zalando vertrieben wird. Das Label habe es sich zum Ziel gemacht, die Kollektionen hinsichtlich tierischer Materialien zu prüfen und vegane Mode als solche zu kennzeichnen. „Unsere Produkte werden von unserem Netzwerk von Herstellern in 27 Ländern produziert“, so eine Unternehmenssprecherin. Damit sichergestellt sei, dass tatsächlich keine tierischen Produkte Verwendung finden, würden die Schuhe einem Proteintest unterzogen. Bei Zalan­do ließen sich zudem mithilfe der Suchfunktion „vegan“ eine ganze Reihe von tierfreien Produkten der Marken Esprit, Matt & Nat oder Vibram Fivefingers finden, so die Sprecherin.

Zurück zu Christina Wille. Die 31-Jährige hat sich während ihres Studiums mit nachhaltiger Textilproduktion beschäftigt, dann zwei Jahre lang in einem veganen Bekleidungsgeschäft in Prenzlauer Berg gearbeitet. „Dort habe ich erlebt, wie groß die Nachfrage nach solchen Textilien ist und wie gering das Angebot“, sagt sie.

Die Idee, einen eigenen Laden aufzumachen, ergab sich dann fast von selbst. Ihr Geschäft an der Sonntagstraße 29 ist mit hellem Holz und viel Licht ausgestattet. Die Kleidungsstücke hängen oder liegen so, dass man überall gut herankommt und einen guten Überblick hat. Eine Schaukel in der Mitte des Raumes sorgt für den nötigen Schwung.

Vegane Mode zeichnet sich dadurch aus, dass komplett auf tierische Materialien verzichtet wird. Das klingt zunächst simpel, denn auch der interessierte Laie kann vermutlich die Verarbeitung von Pelz, Leder, Wolle, Daunen oder Seide erkennen. Doch es gibt noch weitere tierische Bestandteile, die sich in Kleidung verstecken können. „Zu solchen Stolperfallen zählen Perlmutt- oder Hornknöpfe oder Rosshaar in Anzügen“, sagt Peta-Experte Schmidt. Ferner gebe es Klebestoffe, Wachse oder Öle tierischen Ursprungs. „Gerade diese kleinen Bestandteile sieht der Kunde dem Kleidungsstück, dem Schuh oder der Tasche nicht an, da keine Deklarationspflicht für Kleber aus Tierknochen besteht“, sagt Schmidt. Bekleidungsfirmen, die mit dem „Peta Approved Vegan“ Label gekennzeichnet seien, haben sich verpflichtet, diese Stoffe in ihren Produktionen nicht zu verarbeiten.

Viele Kunden suchen faire, ökologische Mode

Es sind vor allem Kunden zwischen Ende 20 und Ende 30, die bei Christina Wille im Loveco einkaufen. „Die wollen sich nicht mehr nur vegan ernähren, sondern achten auch auf ihre Kleidung“, sagt sie. Andere kämen, weil sie faire, ökologische Mode suchten. „Wenn die Sachen auch noch vegan sind, ist es ihnen recht.“ Bei Loveco gibt es vor allem alltagstaugliche Kleidung. Preislich bewege sie sich im mittleren Segment, sagt Wille. „T-Shirts kosten ab 20 Euro, Kleider ab 60 Euro, Hosen um 100 Euro, Jacken um 180.“ Wer auch sonst Markenkleidung kaufe, für den seien die Preise normal.

Schwierigkeiten, vegane Textilien einzukaufen, hat Christina Wille nicht. „Deutschland ist europaweit führend, was die Herstellung veganer Kleidung betrifft“, sagt sie. Viele Marken würden inzwischen diesen Trend bedienen und auf der Suche nach immer neuen veganen Materialien sein. Ausschließlich vegan produzieren würden allerdings noch recht wenige, „eine Handvoll vielleicht“, sagt Wille. Die Zukunft der Branche sieht die Geschäftsfrau sehr positiv. Die vegane Bewegung sei noch jung, da werde noch viel passieren, glaubt sie. Immer mehr Menschen achteten auf ihre Gesundheit, wollten auf Tierleid verzichten und etwas für die Umwelt tun. Vegan sei stark im Kommen.

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