Sie fahren täglich bis zu 25 Kilometer zwischen Alex und Tiergarten: Die Polizei will den Straßenverkehr sicherer machen.
Polizeioberkommissar Sascha Reichenberger (44) und Polizeiobermeisterin Stefanie Gundlach (45) sieht man ihre Arbeit an. Die beiden Fahrradpolizisten sind sonnengebräunt und durchtrainiert. Pro Schicht legen sie zwischen 15 und 25 Kilometer zurück. Ihr Revier: Berlins Mitte – zwischen Tiergarten und Alex. Gemeinsam mit 18 Kollegen machen sie sich in Zweierteams auf die Suche nach Falschparkern, Temposündern und Rot-Fahrern.
Gundlach und Reichenberger waren vorher unter anderem auf Abschnitten in Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg eingesetzt. Beide kennen das komplette Programm der polizeilichen Arbeit. Als 2014 die Fahrradstaffel gegründet wurde, haben sie sich sofort beworben. „Das war etwas Neues“, sagt Stefanie Gundlach. „Wir haben es bis heute nicht bereut“, sagt sie. Die Resonanz aus der Bevölkerung sei sehr positiv.
Die Berliner Fahrradstaffel wird ausgebaut
Zu einem großen Teil liegt das auch daran, dass die Polizisten auf dem Fahrrad anders wahrgenommen werden – selbst, wenn sie Bürger zur Kasse bitten. Sehen kann man das, wenn man sie begleitet. Über manche Reaktionen sind aber auch Gundlach und Reichenberger noch überrascht. Etwa dann, wenn sie am Brandenburger Tor einen Touristen aus Australien aus dem Verkehr ziehen, der mit einer Hand am Lenker und seiner anderen Hand am Smartphone auf der Straße Unter den Linden unterwegs ist.
25 Euro Strafe für ein Handytelefonat
Die beiden Fahrradpolizisten nehmen die Verfolgung auf und halten den jungen Mann, der in einer größeren Gruppe unterwegs ist, an. Auf Englisch erklären sie ihm, dass er sich und andere gefährde. Kostenpunkt: 25 Euro. Bezahlen kann der Australier, der kein Bargeld dabei hat, auch per Karte. Stefanie Gundlach hat für solche Fälle ein mobiles Kartenlesegerät dabei.
Der junge Mann reagiert verständnisvoll und zahlt den Betrag sofort. „Polizisten auf dem Fahrrad sind eine gute Sache“, sagt er. Seine Freundin hält die ganze Szene auf einem Foto fest – ein Schnappschuss für das Reisealbum.
Für die Berliner Fahrradpolizisten eine typische Szene. Keine 100 Meter weiter müssen sie am Brandenburger Tor erneut halten. Ein Tourist aus Japan fragt, ob er ein Selfie mit ihnen machen dürfe. Eine andere Frau fragt, wo es zum Holocaust-Mahnmal gehe. „Wir sind immer auch ein bisschen Touristeninformation und Ansprechpartner“, sagt Stefanie Gundlach, die genau wie ihr Kollege aus Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln einen weniger wohlwollenden Umgangston aus der Bevölkerung gewohnt ist. Beschimpfungen seien jetzt eher eine Seltenheit, sagt Gundlach. Die Fahrradpolizisten sind auch immer ein bisschen Kontaktbereichsbeamte – immer mit einem offenen Ohr für die Bürger und Besucher dieser Stadt.
Auch aus diesem Grund soll die Fahrradstaffel ausgebaut werden. Zudem haben die Polizisten einen nachweislich positiven Effekt auf den Verkehr. An den Orten, an denen sie unterwegs sind, passieren weniger Unfälle. So sind in Mitte vor allem Radler-Unfälle mit schweren Personenschäden laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) um 28 Prozent zurückgegangen, während sie in Neukölln sogar zunahmen.
An insgesamt 28 von 32 Unfallschwerpunkten in Mitte nahmen die Unfälle mit Radbeteiligung ab – und zwar unabhängig davon, ob Radfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer die Unfälle verursacht hatten. Laut GDV wurden in den ersten beiden Jahren etwa 33.000 Ordnungswidrigkeiten von der Fahrradstaffel der Berliner Polizei aufgenommen. Rund zwei Drittel davon gingen zulasten von Autofahrern, überwiegend wegen falschen Parkens und gefährlichen Abbiegens. Rund ein Drittel ging zulasten von Radfahrern, überwiegend wegen Rotlichtverstößen, Fahrens auf dem Gehweg oder in falscher Richtung sowie Telefonierens beim Radfahren.
Kontrolle von Falschparkern auf den Fahrradstreifen
Ein Vergehen, das die Fahrradpolizisten besonders ärgert, ist das Parken auf Fahrradstreifen. „Das begegnet uns ständig“, sagt Stefanie Gundlach. In Berlin kam es dadurch schon zu vielen folgenschweren Unfällen. Fahrradfahrer müssen in riskanten Manövern ausweichen und es erhöht sich das Unfallrisiko. Wenn Autofahrer dann noch ihre Tür aufreißen, ohne auf Fahrradfahrer zu achten, kann das tödlich enden. Im Juni dieses Jahres war auf der Hermannstraße in Neukölln ein Fahrradfahrer ums Leben gekommen, weil der Fahrer eines Diplomatenwagens aus Saudi-Arabien plötzlich die Tür seines Wagens aufriss und ein 55-Jähriger dagegen prallte.
„Als Radfahrer ist man schutzloser“, sagt Gundlach. Wenn die Fahrradstaffel bald auch in der City-West am Kurfürstendamm unterwegs sein soll, bekommt sie ein Menge Arbeit. Die Einkaufsstraße gilt unter Fahrradfahrern als besonders gefährlich. Hier sind wie in Neukölln besonders viele Profilierungsfahrer mit aufgemotzten Fahrzeugen unterwegs, die Fahrradfahrer oft als störende Hindernisse bei ihren lautstarken Darbietungen empfinden.