Berliner Beamte und Richter haben in den vergangenen Jahren so wenig Geld vom Land Berlin erhalten, dass es gegen das Grundgesetz verstößt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Freitag in acht Verfahren entschieden (Az. 2 C 56.16 bis 2 C 58.16 und 2 C 4.17 bis 2 C 8.17). Die Grundsatzentscheidungen betreffen Beamte in Berlin, die nach den Besoldungsgruppen A9 bis A12 bezahlt wurden und zwar in den Jahren 2008 bis 2015. Diese Besoldungsgruppen sind dem sogenannten gehobenen Dienst zugeordnet, für den ein Fachhochschulstudium oder ein Bachelorabschluss an einer Universität vorausgesetzt wird. Bei den Berliner Richtern gelten die Beschlüsse der Leipziger Bundesrichter für die Jahre 2009 bis 2015. Hier sind die Besoldungsgruppen R1 bis R3 erfasst. Die Stufe R1 ist in Berlin unter anderem den Richtern vorbehalten, R2 den Vorsitzenden Richtern und R3 den Präsidenten der Gerichte.
Noch sind die Fälle jedoch nicht endgültig entschieden. Der Zweite Senat des Bundesverwaltungsgerichts legte die acht Verfahren außerdem noch dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Entscheidung vor.
Am Donnerstag machten die Bundesrichter ihre Erwartung deutlich
Solange Karlsruhe kein Urteil fällt, kann auch die Berliner Finanzverwaltung nicht sagen, ob die Beamten Gehalt nachbezahlt bekommen und wie viel das die Landeskasse kosten könnte. Allerdings würden nur solche Beamten entschädigt, die ihre Ansprüche gerichtlich geltend gemacht haben. Die Berliner Beamten hatten sich in den vergangenen Jahren wie die Angestellten auch an einem „Solidarpakt“ beteiligen müssen und durch Gehaltsverzicht einen erheblichen Anteil an der Sanierung der Landesfinanzen geleistet. Für andere Bundesländer hat das Bundesverfassungsgericht schon in mehreren Fällen entschieden, dass die Besoldung von Richtern und Beamten gegen das Grundgesetz verstößt und zu niedrig war. Am Donnerstag machten die Bundesrichter ihre Erwartung deutlich, wonach das Bundesverfassungsgericht auch im Berliner Fall so entscheiden werde.
Die Höhe der Bezüge von Beamten und auch Richtern wird im Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes geregelt. Demnach gelten „die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“. Damit ist unter anderem das sogenannte Alimentationsprinzip gemeint, womit gesagt werden soll, dass die Bundesländer, Kommunen und der Bund ihre Beamten so bezahlen sollen, dass sie davon einen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten können.
Zu geringer Abstand der Besoldung zu Hartz IV
Der Vorsitzende Richter des Zweiten Senats, Ulf Domgörgen, sagte zu den Beschlüssen des Senats zu den Berliner Beamten und Richtern, es gebe „keine vernünftigen Zweifel am Vorliegen einer verfassungswidrigen Unteralimentation“. Dies hatten zuvor das Verwaltungsgericht Berlin im Jahr 2012 und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im vergangenen Jahr anders gesehen. Hier hatten die Berliner Polizisten, Feuerwehrleute und Richter verloren.
Um festzustellen, dass die Berliner Besoldung zu gering ausfiel, zogen die Bundesrichter Vergleiche heran. Werden die Bezüge der Richter und Beamten der Hauptstadt mit den Gehältern von vergleichbaren Angestellten in Bezug gesetzt, zeige sich, „dass die Beamten und Richter des Landes Berlin deutlich geringere Einkünfte erzielen“, wie Richter Domgörgen sagte.
Bei den Richtern geht es außerdem um die Vorgabe, dass für den Richterdienst die besten Juristen gewonnen werden sollen. Dies sieht der Zweite Senat für Berlin als nicht gegeben an. „Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte qualitätssichernde Funktion der Besoldung ist nicht mehr gewährleistet“, ergänzte Domgörgen, „dies zeigt sich an der Absenkung der Einstellungsanforderungen bei gleichzeitiger deutlicher Verbesserung der Berliner Examensergebnisse.“
Ein weiterer Vergleich kommt noch hinzu: Der Abstand der niedrigsten Besoldung von Beamten zum Niveau von Hartz IV, was auch als sozialrechtliche Grundsicherung bezeichnet wird. „Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss sich die Beamtenbesoldung vom Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung um 15 Prozent abheben“, sagte Richter Domgörgen.