Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Hilfsorganisation „Jugend rettet“ – Schiff beschlagnahmt.

Am Mittwochmorgen war der Autrag klar: 50 Menschen trieben in Seenot auf einem verschollenen Boot. Die „Iuventa“, mit der sich die Berliner Hilfsorganisation „Jugend rettet“ seit Juni 2016 auf Rettungsmission befindet, suchte systematisch das Mittelmeer vor Lampedusa ab. Die Suche endete schließlich auf Anweisung der italienischen Küstenwache im Hafen von Lampedusa.

Das Schiff wurde beschlagnahmt und durchsucht. Die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Trapani ermittelt wegen des Verdachts auf Begünstigung illegaler Migration. Vorwürfe gegen einzelne Mitglieder von „Jugend rettet“ wurden bisher nicht erhoben, die Staatsanwaltschaft ermittelt vorerst gegen unbekannt. Doch die Beweislast wiegt Ambrogio Cartosio zufolge schwer. Der Staatsanwalt wirft der Organisation vor, die Aufklärungsarbeit der Behörden behindert und sich mit Schleppern abgesprochen zu haben.

Italienische Polizei hört Gespräche der Crew ab

Die italienische Polizei hatte zuvor Gespräche der „Iuventa“-Crew abgehört und veröffentlicht. Auf den Aufnahmen ist zu hören, wie sich die Mitglieder der Hilfsorganisation darüber unterhalten, Behörden keine Fotos auszuhändigen, durch die Geflüchtete und Schlepper identifiziert werden könnten. Laut einem weiblichem Crewmitglied der „Iuventa“ solle dadurch verhindert werden, dass Schleuser von den italienischen Behörden verhaftet werden.

Nach der Beschlagnahmung ihres Schiffes teilte die Hilfsorganisation mit Sitz in Berlin auf Twitter mit, keine Spekulationen verbreiten zu wollen. Für eine direkte Stellungnahme war die Organisation nicht zu erreichen. „Für uns“, schreibt „Jugend rettet“, „ist und bleibt die Rettung menschlichen Lebens die Priorität. Wir können all die Vorwürfe, die derzeit gemacht werden, erst beurteilen, nachdem wir alle Informationen gesammelt haben und die Situation abschätzen können.“

Am 30. Juni 2016 war die „Iuventa“ von Emden aus in Richtung Mittelmeer aufgebrochen, um auf Rettungsmissionen zu fahren. Mehr als 70 Menschen arbeiten auf ehrenamtlicher Basis für das Projekt. Der gemeinnützige Verein finanziert sich hauptsächlich aus Spenden. Er hat nach eigenen Angaben allein im vergangenen Jahr mehr als 6600 Menschen gerettet. Doch die aktuellen Geschehnisse rücken die Arbeit der Initiative in ein schlechtes Licht. Wobei der Ausgang des Verfahrens natürlich noch offen ist.

Zwar habe die Organisation in einigen Fällen Menschen in Seenot geholfen, sei aber überwiegend als Übergabeboot in Erscheinung getreten. Schleuser hätten die geflohenen Menschen „unweit der libyschen Küste der Besatzung der ‚Iuventa‘ übergeben“, zitierte die römische Tageszeitung „La Repubblica“ Staatsanwalt Cartosio. Von einer Rettung könne so nicht die Rede sein. Zudem sollen Fotos existieren, die die Zusammenarbeit zwischen Crew und Schleppern festhalten. Die Beweismittel sollen auch belegen, dass die Schleuser teilweise in Absprache mit den Aktivisten die Motoren der Flüchtlingsboote abmontierten, um diese für weitere Fahrten verwenden zu können.

Auswärtiges Amt hat Kontakt aufgenommen

Einen Tipp erhielten die Behörden italienischen Medien zufolge vergangenen Oktober von der Hilfsorganisation „Save the children“, seitdem wurde ermittelt. Einen Fall wie diesen gab es bisher nicht, noch nie hatte Italien ein Rettungsschiff beschlagnahmt. Mittlerweile hat sich auch das Auswärtige Amt eingeschaltet. „Wir beobachten die Lage vor Ort, sind mit den betroffenen Deutschen in Kontakt und stehen – so gewünscht – für eine konsularische Betreuung zur Verfügung“, teilte das Auswärtige Amt mit.

Wie es in den kommenden Tagen mit dem Schiff und der Crew weitergeht, bleibt vorerst offen. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, forderte am Donnerstag von Italien die Freigabe der „Iuventa“. „Jeden Tag, an dem die ‚Iuventa‘ nicht auslaufen kann, ertrinken noch mehr Menschen im Mittelmeer.“ Am frühen Donnerstagabend war die Crew noch immer auf Lampedusa.