Seit Jahren steigen die Preise für Bauland, Eigentumswohnungen, Miets- und Einfamilienhäuser in Berlin stark an. Doch eine Immobilienblase, wie Berlin sie Mitte der 90er-Jahre erlebte, ist nach Ansicht von Reiner Rössler, dem Vorsitzenden des Gutachterausschusses für Grundstückswerte, „nicht zu erkennen“. Noch immer stiegen die Preise für alle Bereiche des Immobilieneigentums stark an. Und eine Trendwende sei nicht in Sicht.
Nach Angaben des Immobilienberichtes, den der Gutachterausschuss am Dienstag vorlegte, wurden Eigentumswohnungen in Berlin 2016 für durchschnittlich 3204 Euro je Quadratmeter Wohnfläche verkauft (2015: 2851 Euro/Quadratmeter). Besonders zugelegt haben die Preise für Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr in den Bezirken Marzahn und Lichtenberg. In Lichtenberg wurde ein Plus von 68 Prozent verzeichnet. Durch die vielen Neubauten, die preislich deutlich höher sind als der alte DDR-Plattenbaubestand, werden dort inzwischen durchschnittlich 3467 Euro je Quadratmeter Wohnfläche verlangt. Am östlichen Stadtrand in Marzahn stiegen die Preise um 64 Prozent auf nun durchschnittlich 2714 Euro je Quadratmeter Wohnfläche.
In Wedding gingen die Preise um 35 Prozent zurück
Doch es gab auch Ortsteile, in denen die Preise zurückgingen. So wurden in Wedding durchschnittlich 2202 Euro je Quadratmeter von den Notaren beurkundet. Dies entspricht einem Rückgang von 35 Prozent. Ursächlich für den starken Rückgang, so heißt es im Report, sei jedoch die hohe Anzahl hochpreisiger, neu errichteter Studentenwohnungen gewesen, die im Vorjahr 2015 auf den Markt gekommen waren. Das mit durchschnittlich 4950 Euro berlinweit höchste Preisniveau wurde erneut im Ortsteil Dahlem ermittelt (2015: 4760 Euro je Quadratmeter). „Berlin als Hochschulstandort, Bundeshauptstadt und kulturelle Metropole liegt weiterhin im Fokus des internationalen Interesses“, schreiben die Verfasser weiter. In den vergangenen fünf Jahren ist die Bevölkerungszahl um fast eine Viertelmillion gestiegen. Die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt sei infolgedessen ungebrochen. Es muss unterstellt werden, dass sich der Aufwärtstrend der Immobilienpreise deshalb fortsetze.
Angesichts der vorgelegten Zahlen übten Opposition und auch Mietervertreter Kritik an der Wohnungspolitik des rot-rot-grünen Senats und der schwarz-roten Bundesregierung – allerdings mit unterschiedlicher Stoßrichtung. „Der Immobilienbericht zeigt sehr deutlich, dass es zu wenige Wohnungen in Berlin gibt“, kommentierte etwa Stefan Förster, Sprecher für Bauen und Wohnen der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, den aktuellen Immobilienmarktbericht für Berlin.
Opposition fordert Neubau für alle Einkommensklassen
„Da helfen nicht Mietpreisbremse und Milieuschutzgebiete, sondern Neubau für alle Einkommensklassen“, so sein Fazit. Auch die Krankenschwester und der Feuerwehrmann müssten wieder die Chance auf bezahlbaren Wohnraum haben. „Der Senat sollte seine ideologischen Scheuklappen ablegen und endlich wieder vorurteilsfrei mit der privaten Immobilienwirtschaft zusammenarbeiten, ohne die die Neubauziele nicht zu schaffen sind“, forderte der Oppositionspolitiker. Mietervereinschef Reiner Wild sieht die Verantwortlichen dagegen in der Bundesregierung. „Besorgniserregend ist vor allem der Preisanstieg von 20 Prozent beim Handel mit Mietwohnhäusern und die Anpassung der Bodenrichtwerte in den verdichteten innerstädtischen Lagen um bis zu 60 Prozent in nur einem Jahr“, sagte Wild. Der Rückgang der Kauffälle um zwölf Prozent könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Preis für unbebaute Grundstücke, auf denen Geschosswohnungsbau möglich sei, mit mehr als 2000 Euro je Quadratmeter im Durchschnitt eine Höhe erreicht habe, die nur noch hochwertige Eigentumswohnanlagen realisierbar macht. „Die Bundesregierung hat die Innenstädte aufgegeben, soziale Stadtentwicklung ist ein Fremdwort“, kritisierte Wild. Die Bundesregierung müsse das Bodenrecht, Steuerrecht und Planungsrecht reformieren, so seine Forderung.
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