Nach Beinahe-Pleite

Wie die Berlinovo zur Goldgrube Berlins aufstieg

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Joachim Fahrun
Bei der Berlinovo weht es die Gewinne derzeit nur so herein

Bei der Berlinovo weht es die Gewinne derzeit nur so herein

Foto: BIG_TAU / Getty Images/iStockphoto

In der Berlinovo stecken die Immobilienrisiken der früheren Bankgesellschaft. Heute macht sie üppige Gewinne.

Es ist nur gut zehn Jahre her, da wollte der Senat die Vorgängerfirma der Berlinovo für 50 Millionen Euro verkaufen. Zu groß erschien den Entscheidern um den damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) das Risiko aus den vielfach als Schrott geltenden Immobilienbeständen der früheren Bankgesellschaft Berlin, die nur mit massiven Staatshilfen vor der Pleite bewahrt worden war. Widerstand aus der SPD-Fraktion stoppte die Pläne, sich der Altlasten des Berliner Größenwahns der 90er-Jahre zu entledigen. Inzwischen hat sich das Bild komplett gewandelt: Die Bad Bank Berlins hat sich als Goldgrube entpuppt.

Mit 377 Millionen Euro Überschuss im Jahr 2016 ist die Berlinovo die mit Abstand einträglichste Landesbeteiligung, verdient weit mehr Geld als die lukrativen Wasserbetriebe. Und das Management unter Roland Stauber ist auf Wunsch des Landes erfolgreich in den Bau von Studentenapartments eingestiegen, finanziert darüber hinaus Flüchtlingsunterkünfte und plant preisgünstige Seniorenwohnungen.

Nach einem neuen Rekordjahr sinken die Schulden immer weiter

400 Millionen Euro will die Berlinovo in den nächsten Jahren in Berlin investieren. Inzwischen werden die einst von der Bankgesellschaft zusammengekauften Immobilienbestände der Berlinovo mit 3,42 Milliarden Euro bewertet. Darauf lasten Schulden von 2,08 Milliarden, das sind 69 Prozent des Wertes. Damit ist das Unternehmen nicht mehr weit entfernt von normalen Verhältnissen der Immobilienbranche. Im Vorjahr waren es noch 76 Prozent.

Tatsächlich ist das Rekordergebnis 2016 auch die Folge eines erfolgreichen Paket-Verkaufs von 28 Pflegeheimen für 420 Millionen Euro an die Deutsche Wohnen. Das sei die Strategie, sagte Stauder: „Wir verkaufen außerhalb Berlins und halten unsere Bestände in der Stadt selbst. Und wir investieren.“ Noch besitzt seine landeseigene Firma 361 Objekte, davon 93 in Berlin, die aber mit 1,5 Milliarden Euro fast genauso viel Wert sind wie die 268 Immobilien außerhalb der Stadt.

Für Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) bedeutet die Strategie, dass er 2020 die immer noch geltende Ausfallbürgschaft des Landes über 3,8 Milliarden Euro auflösen kann. In den dramatischen Tagen der Fast-Pleite der landeseigenen Bankgesellschaft hatte das Abgeordnetenhaus 2001 das Geldhaus mit Garantien in zweistelliger Milliardenhöhe vor der Pleite gerettet. Nun ist die Berlinovo stark genug, dass Banken auch wieder ohne staatliche Garantien Darlehen an sie vergeben. Der Vorteil ist, dass die Garantien für die Berlinovo dann ab 2020 zur Einführung der Schuldenbremse nicht dem Berliner Schuldenberg zugerechnet werden können.

Kollatz-Ahnen räumte ein, dass ohne die günstige Immobilienkonjunktur und die niedrigen Zinsen diese Entwicklung nicht möglich gewesen wäre. Aber der Anteil des Managements, das durch klug zusammengestellte Verkaufspakete gute Preise erzielte, sei sehr wichtig.

Die Struktur der Berlinovo ist kompliziert

Was die Berlinovo von normalen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften unterscheidet, ist ihre der Geschichte geschuldete komplizierte Struktur. Zur Gruppe gehören die alten Immobilienfonds der Bankgesellschaft, die offiziell die Gebäude und Grundstücke halten. Zwar gehören die Fonds zu 99 Prozent dem Land Berlin, nachdem frühere Finanzsenatoren viel Mühe darauf verwandten, die privaten Zeichner herauszukaufen. Aber 337 Einzelinvestoren sind noch dabei. Und sie werden auch nicht verkaufen. Denn laut Stauber bringen ihre Anteile inzwischen Renditen von bis zu 20 Prozent.

Die Berlinovo kann gleichwohl im Sinne des Senats in Berlin aktiv werden. 2800 Studentenapartments bis 2020 hat Stauder der Politik versprochen. Die ersten 129 in einem Modularbau am S-Bahnhof Storkower Straße sind fertig. An drei weiteren Standorten in Pankow und Lichtenberg sind Varianten dieses Prototyps geplant. 210 Millionen Euro will Berlinovo-Chef Stauder in Studentenapartments investieren. Hinzu kommen 136 Millionen Euro Beitrag des Unternehmens für die gemeinsam mit dem Land gegründete Gesellschaft zum Bau von Flüchtlingsunterkünften.

Und einen weiteren Markt hat Stauber ausgemacht, wo er die Erfahrungen aus den Studentenwohnungen nutzen will. 100 Millionen sind vorgesehen für den Bau von Mi­kroapartments für Senioren. Private Anbieter konzentrierten sich aber auf das hochpreisige Segment, das für viele Berliner unerschwinglich sei.