Weil Schulplätze rar sind, haben Pankower Eltern Widerstände überwunden und selbst eine Grundschule gegründet.

Auf einem Grundstück mit alten hohen Bäumen an der Dietzgenstraße in Pankow steht eine moderne Villa, die schon nach den Sommerferien die „Naturschule am Brosepark“ sein soll. Den Initiatoren der neuen freien Grundschule ist das fast Unmögliche gelungen: Eine geeignete und bezahlbare Immobilie für ihre Schulgründung zu finden.

An dieser Hürde scheitern die meisten vergleichbaren Initiativen, denn freie Flächen und Gebäude sind in Zeiten der wachsenden Stadt Mangelware. Dabei ist der Bedarf an zusätzlichen freien Schulen groß. Viele Privatschulen haben lange Wartelisten, denn die Zahl der Schüler steigt. An den staatlichen Schulen wird es immer enger, so dass die Kinder immer häufiger an der Wunschschule abgelehnt werden und die Eltern nach Alternativen suchen.

„Ich habe mich für unsere Tochter Ursa an vielen freien Schulen umgesehen und jedes Mal saß ich mit mehr als 60 Eltern in einem Raum, die sich auf eine Handvoll freier Plätze beworben haben“, sagt Ryan Bartolet-Fogarty. Als er von der Schulgründung erfahren habe, sei das ein großer Glücksfall gewesen. Ursa besucht den Waldkindergarten Robin Hood gleich gegenüber des neuen Schulgebäudes, in das sie nun eingeschult werden soll.

„Uns ist es wichtig, dass die Kinder den eigenen Lernprozess mitgestalten können, so wie das in dem Waldkindergarten schon Alltag ist“, sagt der Vater.

"Kinder sollte man nicht den ganzen Tag in Räume einsperren"

Gemeinsam mit den anderen Eltern der Gründungsinitiative sitzt er auf Holzstämmen in dem wilden Garten der Kita, um die nächsten Schritte bis zur Eröffnung der Schule zu planen. Etliche Genehmigungen müssten noch eingeholt werden, doch alle Behörden würden sich kooperativ zeigen, sagen die Eltern. Die eigene Homepage ist gerade online gegangen, Elterngespräche müssen geführt werden, die Gestaltung der Räume muss geplant werden.

Ein Tortenstück im Bauerngarten des nahe gelegenen Botanischen Volksparks konnten die Eltern bereits für die Schule reservieren. Dort können die Kinder dann ihre eigenen Beete beackern. Und auch den Garten der Kita im Brosepark können die Schüler künftig mit nutzen. „Kinder sollte man nicht den ganzen Tag in Räume einsperren“, sagt Christa Baule. Die Gründerin des Waldkindergartens Robin Hood hat das pädagogische Konzept der neuen Schule wesentlich mitbestimmt. Ein mal pro Woche soll es einen Waldtag geben. „Beim Schleichen, Bobachten oder Spurenlesen lernen die Kinder viel mehr als nur die Natur kennen“, sagt sie. Die Aufmerksamkeit werde geschärft, soziale Kompetenzen gestärkt und so könne beispielsweise auch der Knoten in Mathe bei den Streifzügen durch den Wald platzen. Die Kinder können selbst wählen, welche Wege sie einschlagen und dabei lernen sie Entscheidungen, die gut für alle sind, zu treffen. Vor allem soll die Lust am Lernen gefördert werden. Es sei erschreckend, dass viele Kinder schon nach dem ersten Schuljahr sagen, sie würden lieber wieder in die Kita gehen, sagt Christa Baule.

Nachfrage an Plätzen größer als Angebot

Vor anderthalb Jahren startete die Initiative für die neue Naturschule in Pankow. Den Anstoß hatten Eltern gegeben, die ihre Kinder an der Naturschule auf dem Stadtgut in Pankow angemeldet hatten und dabei leer ausgingen. Die Schule auf dem Stadtgut kann nur maximal 65 Kinder aufnehmen und die frei werdenden Plätze sind größtenteils schon durch die angemeldeten Geschwisterkinder belegt. Die Nachfrage ist allerdings viel größer. Der Trägerverein hatte sich deshalb bereit erklärt, eine weitere Schule zu übernehmen, wenn die Eltern ein geeignetes Gebäude finden würden. „Es gab viele Rückschläge bei der Suche nach einer Immobilie“, sagt Sigrid Meran, die von der ersten Stunde bei der Initiative dabei war. Es hätte zwar immer wieder Optionen gegeben, die dann allerdings doch immer wieder scheiterten. Als ihre eigene Tochter im vergangenen Sommer eingeschult wurde, sei die neue Schule noch in weiter Ferne gewesen. Den Mut zum Weitermachen hätten vor allem die Eltern gegeben, die im Laufe der Zeit immer wieder neu dazu gestoßen sind und das Projekt weiter voran getrieben haben. So wie Ryan Bartolet-Fogarty: „Wir machen das nicht nur für unsere eigenen Kindern sondern wollen auch anderen Eltern zeigen, dass es möglich ist, eine freie Schule zu gründen, wenn sich die richtigen Leute zusammen finden“, sagt der Vater.

Schule soll in Zukunft wachsen

Zukünftig soll es an der Naturschule am Brosepark 90 Schüler geben. Im kommenden Schuljahr starten zunächst zwei altersgemischte Klassen mit je 15 Kindern. In jeder Lerngruppe gibt es zwei Pädagogen, die die Kinder begleiten. Jedes Jahr wächst dann die Schule weiter hoch. Die Umgestaltung des Gebäudes kann nach und nach erfolgen, zunächst ziehen die Schüler nur ins Erdgeschoss ein. Doch das Gebäude ist nur ein Teil der Schule.

Im Garten soll eine lange Tafel entstehen, damit die Kinder bei schönem Wetter draußen essen können. Und gleich vor der Schule hält der Bus 107, der die Kinder in den Botanischen Volkspark oder in den Wald am Stadtrand bringt.

Für interessierte Eltern gibt es am 29. Juni um 20 Uhr im Waldkindergarten Robin Hood, Dietzgenstraße 66, einen Infoabend. Informationen zum Konzept sind unter www.Naturschule-am-Brosepark.de zu finden.