Ein Zusammenhang mit den vergifteten Hunden wird nicht ausgeschlossen. Obduktionen blieben ohne klares Ergebnis.
Die Schreckensmeldungen um den Tegeler See reißen nicht ab. Erst werden am Ufer Hunde vergiftet. Und jetzt warnt das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), dass in aktuellen Untersuchungen Blaualgen festgestellt worden seien. Blaualgen produzieren Giftstoffe.
Zwar heißt es: „Ob ein Zusammenhang mit den getöteten Hunden besteht, können wir noch nicht sagen“, sagte Markus Stemmler vom Lageso. Aber: „Ausschließen lässt es sich nicht.“ In der kommenden Woche sollen alle Untersuchungsergebnisse mit der Polizei abgeglichen werden. Badegästen mit Kindern rät das Landesamt, den Tegeler See zu meiden. Wo Algenteppiche sichtbar werden, sollten auch Erwachsene einen Bogen machen.
Dabei hatte die Polizei erst kurz zuvor Entwarnung gegeben: Die Analyse der Wasserproben habe ergeben, dass das Gewässer für Mensch und Tier „unbedenklich“ sei, sagte ein Polizeisprecher. Im See seien keine Gifte oder Verunreinigungen gefunden worden.
Was also tötet die Hunde? Fakt ist, die Tiere starben alle nach einem Spaziergang in der Nähe des Gewässers. Die Obduktion einiger Tiere ergab Schäden an Organen. Sie wurden vergiftet. Das ist sicher. Wie sie vergiftet wurden, aber nicht. Kein Besitzer hat gesehen, dass sein Tier etwas gefressen hat. „Die toxikologische Untersuchung von zwei Hunden hat nichts ergeben“, sagte Kai Rödiger, Chefarzt der Tierarztpraxis Rödiger in Tegel. „Das Gift, das wir im Verdacht hatten, konnte im Labor nicht nachgewiesen werden.“ Vermutlich habe es sich zum Zeitpunkt der Analyse verflüchtigt. „Wir haben weitere Untersuchungen von Blutproben und Mageninhalten veranlasst.“
Der Tod tritt nach 15 Minuten bis vier Stunden ein
Erst am Montag war ein weiterer Hund mit akuten Vergiftungssymptomen in Rödigers Tierarztpraxis eingeliefert worden und gestorben. In den vergangenen vier Wochen sind mindestens 15 Hunde nach Spaziergängen am Tegeler See vergiftet worden – elf Hunde sind gestorben. Der Polizei liegen mittlerweile sieben Strafanzeigen zu acht betroffenen Hunden vor, wovon nur drei überlebt haben. „Wir können nur weiterhin von Hundespaziergängen in diesem Bereich abraten“, sagte Rödiger.
Die Polizei hat ein konkretes Gift im Verdacht: „Es verfestigen sich Hinweise, dass sie an einer Zinkphosphid-Vergiftung sterben“, sagte ein Polizeisprecher. Zinkphosphid, auch „Giftweizen“ genannt, wird gemeinhin gegen Wühlmäuse eingesetzt. Es ist ein nach Knoblauch riechendes, schwarzes Pulver, das auch in Form von Sticks und Körnern frei verkäuflich ist. Das Pflanzenschutzmittel entwickelt beim Kontakt mit der Magensäure eines Tieres das Gas Phosphorwasserstoff – ein sehr starkes Stoffwechsel- und Nervengift. Es schädigt die Lunge, Gehirn, Nieren, Herz und Leber. Der Tod tritt nach 15 Minuten bis vier Stunden ein. Je nach Tierart, Größe und Mageninhalt variiert die tödliche Dosis. Für Hunde können 20 bis 30 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht tödlich sein.
„Der Amtstierarzt geht davon aus, dass vorsätzlich gelegte Giftköder mit tödlichen Menge verteilt wurden.“ Bisher hätten die Beamten aber keine gefunden. Kai Rödiger, der zwölf Tiere in seiner Praxis behandelte, hat an den Spekulationen Zweifel: „Für mich ist es unerklärlich, warum am See dann keine Wildtiere tot aufgefunden werden“, sagte der Arzt. Auch diese würden solche Köder fressen. Wie berichtet zeigen vergiftete Tiere Symptome wie Zittern, Erbrechen und Durchfall. „Bei ersten Anzeichen müssen die Besitzer sofort zum Tierarzt“, sagte Rödiger.
Polizei bittet um Hinweise aus der Bevölkerung
Die Polizei ermittelt gegen unbekannt wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz und nimmt Hinweise entgegen. „Wir laufen verstärkt Streife“, sagte der Polizeisprecher. Das Bezirksamt hat Warnhinweise angebracht. „Auch Kinder können gefährdet sein. Eltern sollten darauf achten, dass ihre Kinder nichts in den Mund stecken oder essen“, sagte Bezirksstadtrat Sebastian Maack (AfD). Kai Wegner, Mitgründer von Giftköderalarm Berlin und CDU-Bundestagsabgeordneter, fordert den Senat auf, eine Sonderkommission einzurichten. Fraktionskollege Frank Steffel plädiert gar für eine „temporäre Videoüberwachung“.
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