Interview

Hepatitis A in Berlin: Nicht jeder muss sich impfen lassen

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Andreas Abel
Experten empfehlen die Impfung für Reisende in Gebiete mit hohem Hepatitis-A Vorkommen sowie für spezielle Bevölkerungsgruppen

Experten empfehlen die Impfung für Reisende in Gebiete mit hohem Hepatitis-A Vorkommen sowie für spezielle Bevölkerungsgruppen

Foto: AP

Ein Gespräch mit dem Experten Dr. Daniel Sagebiel über wirksamen Schutz, Risikogruppen und Reise-Empfehlungen.

Eine Hepatitis-A-Welle in Berlin mit bislang 100 Erkrankten löst bei Experten Besorgnis aus. Wie können Berliner sich schützen? Wir sprachen mit Dr. Daniel Sagebiel, Referatsleiter im Landesamt für Gesundheit und Soziales und dort zuständig für Infektionsepidemiologie.

Sollte sich jeder gegen Hepatitis A impfen lassen?

Daniel Sagebiel Nein. Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt die Impfung für Reisende in Gebiete mit hohem Hepatitis-A Vorkommen sowie für spezielle Bevölkerungsgruppen.

Für welche Risikogruppen ist eine Impfung empfehlenswert?

Für Personen, deren Sexualverhalten eine hohe Infektionsgefährdung aufweist, also insbesondere für Männer, die Sex mit Männern haben. Außerdem für Menschen, die regelmäßig Blutprodukte bekommen, in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht sind oder dort arbeiten oder die eine chronische Lebererkrankung haben. Außerdem Personen mit einem erhöhten beruflichen Risiko, also diejenigen, die im Gesundheitsdienst arbeiten, etwa in Laboratorien, aber auch Personal in Kitas, Kinder- und Altenheimen sowie Kanalarbeiter.

Und vor welchen Reisen ist sie ratsam?

Bei Reisen in Regionen, in denen Hepatitis A häufig vorkommt. Das sind vor allem Länder mit schlechten hygienischen Bedingungen, in denen auch das Wasser oft verunreinigt ist. Das gilt für tropische Länder im arabisch-asiatischen, afrikanischen und mittel-/südamerikanischen Raum aber auch für Osteuropa und den Mittelmeerraum..

Wie lange hält der Impfschutz an?

Circa zwei Wochen nach der ersten Impfung sind meistens bereits schützende Antikörper vorhanden. Eine Impfung ist also auch noch kurz vor einer Reise möglich. Die Immunität hält bei Erwachsenen dann mindestens zwölf Jahre an. Das Robert-Koch-Institut sagt sogar, dass bei Menschen mit einem intakten Immunsystem nach vollendeter Grundimmunisierung eine Auffrischung nicht für notwendig erachtet wird. Das gilt aber wiederum nicht für bestimmte Risikogruppen. Für die Grundimmunisierung sind zwei Impfdosen Hepatitis-A-Impfstoff nötig. Die zweite Impfung sollte sechs bis zwölf Monate nach der ersten erfolgen.

Wann zahlt die Krankenkasse die Impfung?

In den Fällen, in denen die Impfung von der Ständigen Impfkommission empfohlen ist, also bei Risikogruppen. Eine Reiseimpfung zahlen nur einige Kassen.

Gibt es Erkenntnisse darüber, dass Flüchtlinge beziehungsweise abgelehnte Asylbewerber, die sich prostituieren Ursache für Hepatitis-A-Ansteckungen sind?

Nein, nach den uns vorliegenden Daten gibt es dafür keinerlei Hinweise. In Ländern mit schwierigen hygienischen Bedingungen ist die Durchseuchung mit Hepatitis A schon im Kindesalter sehr hoch und kann bei Erwachsenen 90 bis 100 Prozent betragen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass erwachsene Asylsuchende aus diesen Ländern in den allermeisten Fällen immun gegen Hepatitis A sind. Sie haben die Krankheit schon durchgemacht, verfügen dann über eine lebenslange Immunität und können deshalb das Virus nicht weitergeben.

Bislang wurden 100 Fälle gemeldet. Was ist an den Ausbrüchen so besorgniserregend?

Wir haben es mit einem Krankheitsausbruch zu tun, der sich in einer Risikogruppe ausbreitet und der eine internationale Dimension aufweist. Wir sehen derzeit keine Tendenz, dass der Ausbruch endet. Bei einer Weiterverbreitung besteht die Gefahr, dass die Ansteckung nicht nur über sexuelle Kontakte erfolgt, sondern die Weitergabe des Virus auf Andere auch über Lebensmittel erfolgt. In Deutschland gibt es eben keine Immunität von 90 oder mehr Prozent. Es besteht kein Anlass zu Panik, aber man muss es ernst nehmen.

Dr. Daniel Sagebiel ist Experte für Epidemiologie am LaGeSo in Berlin.

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