2500 Mini-Computer für Berliner Schulen: Mit dem Rechner „Calliope mini“ lernen Kinder Grundlagen des Programmierens.

Sterne können leuchten, sie können neuerdings aber auch zum Singen gebracht werden. Das ist ganz einfach, Dominik führt es vor. Der Neunjährige sitzt am Computer und drückt nacheinander auf die Buttons Start, Aktion und Noten. Eine Klaviertastatur erscheint. Jetzt kann er Note für Note auswählen, eingeben, speichern, und los geht es. Eine kleine Platine in Form eines sechseckigen Sterns fängt an, das Lied „We are the Champions“ zu spielen. In diesem Fall ist Dominik der Meister. Der Beifall ist ihm sicher, der Spaß gewiss.

Die Schüler an der Alt-Lankwitzer Grundschule sind die ersten in Berlin, die mit dem Computer „Calliope mini“ Grundlagen des Programmierens lernen. Am Freitag wurde das Pilotprojekt erstmals öffentlich vorgestellt. Ziel ist es, Kinder ab der dritten Klasse für Technik zu begeistern und ihnen Kenntnisse in Informatik zu vermitteln.

Der sternförmige Computer
Der sternförmige Computer © Getty Images | Adam Berry

Das Projekt der Senatsbildungsverwaltung entstand in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut, Google und dem Start-up Calliope, das gemeinnützig arbeitet. Es stellt den Berliner Schulen mit Förderung von Google 2500 Mini-Computer zur Verfügung. Dazu wird das Fraunhofer-Institut 100 Lehrer ausbilden und bis zu fünf „Coding Hubs“ einrichten, wo Kinder und Jugendliche auch außerhalb der Schule programmieren können. Der Computer-Stern wird zeitgleich in mehreren Bundesländern eingeführt.

Medienbildung ist an der Grundschule angekommen

Im Jahr 2005 hat die Bildungsverwaltung den eEducation Masterplan ausgearbeitet. Medienbildung sollte verstärkt in den Schulalltag integriert werden. Bislang wurde vor allem an weiterführenden Schulen die Programmierplattform Roberta genutzt, um Schüler an die Computertechnik heranzuführen. Mit der Platine Calliope ist es jetzt auch Grundschülern möglich, Zugang zur digitalen Welt zu bekommen.

„Der kleine Mini-Computer ist ein faszinierendes Werkzeug, das sich in unterschiedliche Unterrichtsfächer integrieren lässt“, sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Die webbasierte Programmiersprache Nepo schaffe dabei eine spielerische und fehlertolerante Herangehensweise für erste eigene Programme.

Tatsächlich kann man nicht viel falsch machen. „Es ist wie ein Legobausteinkasten“, sagt Martin Hort, Lehrer an der Alt-Lankwitzer Grundschule. Er hat mit einer Kollegin die zweitägige Fortbildung absolviert. Seit zehn Tagen ist die Grundschule im Besitz von 25 Sternen. Bislang haben sich die Schüler genau eine Doppelstunde mit der neuen Technik beschäftigt – genug, um schon für die Vorführung des Programmes fit zu sein. „Wir haben den Schülern Aufgaben gestellt, und sie haben es einfach ausprobiert“, sagt Martin Hort über die erste Übungsstunde. So konnten die Schüler den Stern mit Texten, Rechenaufgaben und Tönen füttern. Das Besondere daran: Die einzelnen Puzzleteile passen nur zusammen, wenn es einen Sinn ergibt.

Vivien hat passend zur Präsentation an ihrer Schule ein Sternenkleid angezogen. Eigentlich will sie Tierärztin werden, erzählt die Achtjährige. Begeistert berichtet sie von Hamster, Hase und Hund. Aber auch davon, dass sie nun bald ihren ersten eigenen Computer bekommt. Bislang teile sie sich einen Rechner mit ihrer Mama, sagt die Drittklässlerin.

Vivien macht den Anfang mit der Präsentation des Programmes. Dafür lässt sie die Worte „Hallo, Frau Scheeres“ über das Display ihres Sterns laufen. Auf dem Bildschirm können es alle mitverfolgen. Dass der Stern die Bildungssenatorin begrüßt, ist ihre Leistung – sie hat ihn so programmiert. Texte und Mathematikaufgaben seien ganz einfach, sagt die Schülerin. Einige Funktionen kenne sie aber noch nicht.

„Die Plattform bietet einen niedrigschwelligen Einstieg ins Programmieren“, sagt Stefan Wrobel, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS). Die digitale Welt brauche eine Generation, die nicht nur Nutzer, sondern auch Gestalter der neuen Technik sei. Es reiche nicht, ein Smartphone oder Tablet bedienen zu können. Digitale Kompetenzen und Kreativität seien gefragt.

Es sollen natürlich nicht alle Programmierer werden. Das sieht auch Wieland Holfelder, Engineering Director bei Google Deutschland, so: „Wichtig ist es, dass die Kinder ein Gefühl für Algorithmen und Sensorik bekommen.“ Holfelder spricht von einer besonderen Partnerschaft, die Google gereizt habe, bei dem Projekt mitzumachen. Ein Bildungssystem, ein gemeinnütziges Start-up, ein Forschungsinstitut und ein digitales Unternehmen – verbunden habe sie das Interesse und der Spaß an der Entwicklung.

Sechs Gründer trafensich im Keller zum Löten

Entscheidender Motor war das Berliner Start-up. „Mit dem Calliope mini wollen wir den Startschuss für die digitale Bildung in Deutschland geben“, sagt Gesche Joost, Gesellschafterin der Calliope gGmbh und Internetbotschafterin der Bundesregierung. Um die Idee umzusetzen, hätten sich „sechs Gründer, die sich kaum kannten, im Keller getroffen und gelötet“. Zur Fragestellung gehörte immer, was Kinder mögen, was sie anspreche. Und so sei viel über Farben und Sensorik, Lautsprecher und Mikrofon diskutiert worden.

Dass der Mini-Computer die Form eines Sterns hat, geht auf die Idee der Kinder zurück. Man habe sich mit den Schülern zusammengesetzt und gemeinsam überlegt, erzählt Gesche Joost. Jede Ecke sei mit Kontakten ausgestattet. Wenn sie zu nahe beieinanderlägen, käme es zum Kurzschluss. So sei der Stern entstanden. Als gemeinnützige GmbH würden alle Spenden in die Hardware fließen, sagt Joost. Nachdem das Pilotprojekt jetzt in verschiedenen Bundesländern starte, sei es das Ziel, eines Tages jede Schule in Deutschland zu erreichen.

An der Alt-Lankwitzer Grundschule gibt es eine Roberta-AG und einen Roberta-Kurs. Schulleiterin Angela Efinger legt viel Wert darauf, die Mädchen für Technik zu begeistern. Ab der ersten Klasse sind Computer in den Unterricht integriert. Die dritten Klassen werden nun einmal pro Woche mit dem Calliope arbeiten und ihn zum Sprechen, Rechnen, Musikmachen bringen.

Als alle nach der Präsentation schon Kaffee trinken, hat sich Dardana noch einmal an ihren Rechner gesetzt. Konzentriert blickt sie auf den Bildschirm und setzt die bunten „Legobausteine“ zusammen. Der Stern soll ein Smiley zeigen, erklärt sie. Kurz darauf erscheint das Bild auf dem Display.