Drogenpolitik

Die neue Toleranz am Görlitzer Park

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Ulrich Kraetzer
Brennpunkt Görlitzer Park - Immer weniger Polizei

Was sich nach der "Null-Toleranz-Strategie" geändert hat

M. Bidian & M. Boenke

Seit Beginn des Jahres hat die Polizei ihre Präsenz im Görlitzer Park enorm zurückgefahren. Trotz der "Null-Toleranz-Strategie" wird im Park täglich gedealt. Wir haben uns im Park umgehört.

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Berlin lockert die Drogenpolitik: Der Besitz und Konsum von bis zu 15 Gramm Cannabis wird nicht mehr verfolgt.

Berlin.  Der rot-rot-grüne Senat steuert bei der Bekämpfung des Drogenhandels im Görlitzer Park um: Die „Null-Toleranz-Zone“ soll in den kommenden Wochen aufgehoben werden. Damit müssen Besucher des Kreuzberger Parks mit geringen Mengen Cannabis künftig keine Strafverfolgung mehr befürchten. „Der Görlitzer Park wird dann rechtlich nicht anders behandelt als der Rest von Berlin“, sagte Geisel.

Die „Null-Toleranz-Zone“ im Görlitzer Park wurde im April 2015 von den damaligen CDU-Senatoren Thomas Heilmann (Justiz) und Frank Henkel (Inneres) eingeführt, die so den ausufernden Drogenhandel zurückdrängen wollten. Damit wurde die Berliner Regel, dass Besitz und Konsum von bis zu 15 Gramm Cannabis in aller Regel nicht verfolgt werden, in der Grünanlage außer Kraft gesetzt. Bereits Ende 2014 hatte die Polizei dort zudem deutlich mehr Razzien durchgeführt.

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Dieser Ansatz habe sich nicht bewährt. „Die Null-Toleranz-Strategie, mit ganz vielen Kräften an einen Ort zu gehen und den zu belagern, hat dazu geführt, dass es eine Verdrängung gegeben hat und auch an anderen Orten gedealt wurde“, sagte Geisel. Die Polizei habe diese neuen Orte, darunter das Umfeld des RAW-Geländes in Friedrichshain, nicht kontrollieren können. „Wir können die Polizisten nicht dauerhaft verheizen“, sagte Geisel.

Der Personaleinsatz war bereits unter der großen Koalition zurückgefahren worden. So leisteten die Beamten im Januar 2015 etwas mehr als 7000 Einsatzstunden im Görlitzer Park. Ab Herbst 2015 waren es im Schnitt nur noch etwas mehr als 3000 Stunden. Im Januar und Februar dieses Jahres waren die Beamten nur noch jeweils gut 2000 Stunden präsent.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte die Entscheidung, die „Null-Toleranz-Regelung“ aufzuheben, „nachvollziehbar“. Die Beamten hätten zwar einzelne Erfolge verzeichnet und auch mal größere Mengen Marihuana beschlagnahmt. Den Drogenhandel im Park hätten die Einsätze aber nicht entscheidend beeinflusst. Dort verrichteten immer noch rund 30 Dealer ihre Geschäfte. „Null-Toleranz hätte nur funktioniert, wenn wir auf Dauer deutlich mehr Personal gehabt hätten“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. „So war es ein Placebo, das medienwirksam schnelle Zahlen bringen sollte.“ Die Dealer würden Drogen in Depots verstecken, die man ihnen nicht zuordnen könne. Zuletzt habe es daher kaum hohe Strafen gegeben. Die Polizei dürfe sich aber auch nicht vollständig zurückziehen. „Das würde die engagierte Arbeit unserer Kollegen zunichtemachen“, sagte Jendro.

Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), sagte, die Polizei müsse statt „sinnloser Razzien“ mehr Präsenz bei Streifen zeigen. Der Bezirk arbeite auch an einem Projekt für einen Sozialarbeiter. Er könne Händlern Alternativen zum Dealen aufzeigen, solle aber auch „klare Regeln“ vermitteln, um Belästigungen für Parknutzer einzudämmen. Innensenator Geisel kündigte „eine gesellschaftliche Debatte über eine Liberalisierung von Cannabis“ an. Solange die derzeitige Rechtslage Bestand habe, werde die Polizei den Drogenhandel aber weiterhin bekämpfen.

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