Die Deutsche Wohnen verteidigt im Bauausschuss ihre Mieterhöhungspraxis. Der Immobilienkonzern ist der größte Vermieter in Berlin.

Manuela Damianakis hatte einen schweren Stand. Die Leiterin der Konzernkommunikation des mit 110.000 Wohnungen größten Vermieters der Stadt, Deutsche Wohnen AG, sah sich am Mittwoch im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses einem regelrechten Tribunal, gebildet aus Regierungsparteien und Mieterverbänden, ausgesetzt. Wegen der anhaltenden Kritik am Geschäftsgebaren des Unternehmens hatten die Mietenpolitiker der drei Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne die Deutsche Wohnen zu einer Anhörung geladen.

„Die Aktiengewinne werden immer größer, die Mieten steigen, aber die Zustände in den Wohnungen werden immer schlimmer“, sagte die Mietenexpertin der SPD, Iris Spranger, zur Begründung der Einladung. Die Deutsche Wohnen betreibe eine „abenteuerliche Geschäftspolitik“, ergänzte Katrin Schmidberger (Grüne).

Immer wieder kritisieren Mieter unverhältnismäßige Mieterhöhungen des Unternehmens und eine schleppende Instandsetzung der Wohnsub­stanz. Zurzeit wehren sich Mieter der Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg gegen eine geplante Sanierung von rund 1700 Wohnungen, weil sie befürchten, dass die Mieten danach stark steigen werden. Rund 40 von ihnen waren deshalb am Mittwoch auch mit der Hoffnung in das Abgeordnetenhaus gekommen, dass die Politiker Einfluss auf den Konzern nehmen.

Deutsche Wohnen erkennt Mietspiegel nicht an

Die Ursache für den anhaltenden Ärger zwischen Mietern und dem Unternehmen liefert der amtliche Mietspiegel. Die Deutsche Wohnen will den Mietspiegel nicht anerkennen und fordert teilweise Mieterhöhungen, die die Obergrenzen des Mietspiegels übersteigen. „Wir sagen seit langer Zeit öffentlich, dass der Mietspiegel nicht nach wissenschaftlichen Kriterien aufgestellt wird“, sagte Konzernsprecherin Damianakis, die zum Ärger vieler Abgeordneter statt eines Mitgliedes der Geschäftsführung in den Ausschuss gekommen war. Das Unternehmen gab dafür Termingründe als Entschuldigung an. Der Mietspiegel berücksichtige zudem die differenzierte Lage in den einzelnen Stadtquartieren nicht ausreichend.

Grundsätzlich ablehnen würde die Deutsche Wohnen das Instrument zur Mietenregulierung aber nicht. „Wir sind diskussionsbereit, den Mietspiegel rechtssicher aufzustellen“, sagte Damianakis. Auch die Kritik an überhöhten Mietsteigerungen und fehlender Instandhaltung der Wohngebäude wies die Unternehmenssprecherin zurück. „Wir brauchen uns da gar nichts vorwerfen zu lassen“, sagte Damianakis. „Wir sind verantwortungsvolle Vermieter.“ Das Unternehmen habe ein großes Interesse an einem guten Verhältnis zu seinen Mietern.

Zahlreiche Heizungsausfälle

Allerdings räumte die Sprecherin ein, dass es in diesem Winter zu zahlreichen Heizungsausfällen gekommen sei, die verspätet repariert wurden. „Das tut mir außerordentlich leid“, sagte Damianakis. „Wir arbeiten daran, dass so etwas nicht wieder vorkommt.“

Doch der Mieterverein und das Bündnis kritischer Mieteraktionäre wittert hinter dem Vorgehen System. Das Unternehmen verhalte sich „selbstherrlich“, kritisierte der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. Es entwerte den Mietspiegel und missachte die Rechte von Mietern. „Die Deutsche Wohnen ist zwar nicht das schlimmste Unternehmen, aber das größte unter den schlimmen“, warf Rouzbeh Taheri von den kritischen Mieteraktionären dem Unternehmen vor.

„Der Sinn von Sanierungen ist nicht, die Häuser energetisch zu sanieren oder zu modernisieren, sondern allein, die Mieten zu erhöhen.“ In den Geschäftsberichten des Immobilienkonzerns sei von einem Potenzial von 31 Prozent mehr Einnahmen die Rede. Dies solle durch systematische Mieterhöhungen erreicht werden. Gleichzeitig werde dabei die Instandhaltung der Gebäude vernachlässigt, um die Mieter zum Auszug zu bewegen. „Denn der Mieterwechsel ist die beste Möglichkeit, die Miete zu erhöhen“, kritisierte Taheri.

Der Berliner Mietspiegel 2017 ist fast fertig

Einzig Dieter Blümmel vom Grundeigentum-Verlag, der seit mehr als 25 Jahren am Entstehen des Mietspiegels mitwirkt, sprang dem in die Kritik geratenen Unternehmen bei. Der Mietspiegel sei für die Berechnung einer adäquaten Miete verzichtbar, sagte Blümmel. Er spiegele die Wirklichkeit nicht angemessen wider, und die Datenerhebung sei fehlerhaft. Aktuell arbeiten Politik, Mieterverbände und Vermieter am neuen Mietspiegel, der im Mai erscheinen soll. Die Arbeiten seien fast abgeschlossen, sagte Wohnungssenatorin Katrin Lompscher (Linke).

Info: Größter Vermieter

Deutsche Wohnen: Die Deutsche Wohnen AG ist mit 110.000 Wohnungen der größte Vermieter in der Stadt. Die Aktiengesellschaft hat viele ehemalige landeseigene Wohnungen übernommen, als sie die Bestände der GSW aufkaufte. Zudem fusionierte sie mit der Gehag -Gruppe.

Hauptniederlassung: Die Deutsche Wohnen hat ihren Firmensitz in Frankfurt am Main, verfügt aber auch über eine Hauptniederlassung in Berlin, da sich zwei Drittel des gesamten Bestandes von rund 160.000 Wohnungen und Gewerbeflächen hier in der Stadt befinden.

Berlin: In Berlin hat das Unternehmen vor allem ganze Siedlungsbestände, darunter in der Großsiedlung Gropius­stadt in Neukölln, in der Gartenstadt in Spandau, in der Siedlung Schillerpark und der Hufeisensiedlung in Neukölln sowie der Otto-Suhr-Siedlung in Friedrichshain-Kreuzberg.

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