Die Gewerkschaft Verdi hat vor einem akuten Fahrzeugmangel bei der Berliner U-Bahn gewarnt. Pro Tag seien im Durchschnitt zehn Prozent weniger Wagen einsatzbereit, als eigentlich für den Betrieb erforderlich wären.
„In der täglichen Praxis werden daher oft Züge verkürzt oder die Umläufe ausgedünnt. Zudem haben die Verkehrsbetriebe nur noch wenig Zugreserven, die mobilisiert werden können“, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung der Gewerkschaft.
Grund für die Ausfälle sei das hohe Alter der Fahrzeuge. Es gebe aber auch viele hausgemachte Probleme bei der BVG. Der zuständige Gewerkschaftssekretär Jeremy Arndt spricht von „schlecht funktionierenden Führungsstrukturen, zu wenig qualifiziertem Führungspersonal, schlechten und nicht effizienten organisatorischen Vorgaben und nicht zuletzt einem gravierenden Personalmangel“.
Aufgrund des Personalmangels, aber auch „unverständlicher Vorgaben bei planmäßigen Fahrzeuguntersuchungen“ könnten festgestellte Mängel an den U-Bahnwagen, die nicht unmittelbar die Betriebssicherheit gefährden, nicht mehr bei den planmäßigen Inspektionen „nebenbei“ mit repariert werden. In der Folge müssten die Züge dann außerplanmäßig in die Werkstätten fahren und stünden dadurch für den regulären U-Bahnbetrieb nicht mehr zur Verfügung.
Berliner U-Bahn hat eine der ältesten Flotten in Europa
Die BVG-Spitze räumt einzelne Probleme beim Fahrzeugeinsatz ein. „Dass unsere U-Bahnflotte alt ist und daher auch anfällig für technische Störungen, ist allgemein bekannt“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz der Berliner Morgenpost. Würden sich solche Störungen etwa bei den Türen häufen, könnte es zu Engpässen kommen. Das könnte bedeuten, dass Züge dann auch einmal mit weniger Wagen als eigentlich geplant fahren. „Dass wir aber wegen fehlender Fahrzeuge unseren Verkehrsvertrag nicht erfüllen, davon kann nicht die Rede sein“, betonte Reetz. Nicht zuletzt „dank der großartigen Arbeit unserer Werkstattleute“ sei es bisher immer gelungen, das vereinbarte Angebot wie geplant zu fahren.
Auch den Vorwurf des Personalmangels wies die Unternehmenssprecherin zurück. „Im Gegenteil: Weil wir wissen, wie hoch der Instandhaltungsaufwand bei der U-Bahn ist, stellen wir in diesem Jahr 30 zusätzliche Werkstattmitarbeiter ein.“
Die Berliner U-Bahn verfügt in der Tat über eine der ältesten Flotten in Europa. Hintergrund ist die jahrelange Sparpolitik des Berliner Senats. Weil seit 15 Jahren keine neuen Fahrzeuge beschafft werden konnten, liegt das Durchschnittsalter der im Alltag stark beanspruchten Berliner U-Bahnwagen inzwischen bei knapp 30 Jahren. Einzelne Fahrzeuge sind sogar bereits seit 50 Jahren und mehr im Einsatz. Auch weil es kaum noch Ersatzteile gibt, häuften sich zuletzt die Werkstattaufenthalte. Hinzu kommen zunehmende Probleme mit Vandalismus. Erst am Wochenende war in der Station Biesdorf-Süd ein Sechs-Wagen-Zug komplett mit Graffiti besprüht worden. Der Zug musste außerplanmäßig in die Werkstatt und fällt längere Zeit aus.
1050 neue U-Bahn-Wagen für Berlin: Die BVG auf Shopping-Tour
So kurios sind Fundstücke in Berliner Bussen und Bahnen
Fahrgäste sollen an allen Türen in den Bus steigen dürfen
BVG überfordert: Zu viele Obdachlose nachts in U-Bahnhöfen
So überleben Sie eine Fahrt in einer überfüllten U-Bahn