Berlin

Mann tritt Frau eine Treppe hinunter

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Aufnahme einer Überwachungskamera zeigt brutalen Übergriff. Noch wird nicht öffentlich nach den Tätern gefahndet

Alexander Dinger

Es ist eine schockierende Aufnahme von unfassbarer Brutalität. Aus einer Gruppe heraus hat ein Mann am 27. Oktober dieses Jahres eine Frau am U-Bahnhof Hermannstraße die Treppe hinunter getreten. Die Videosequenz aus einer Überwachungskamera, die der Bild-Zeitung vorliegt, zeigt den Vorfall. Auf der 20-Sekunden-Aufnahme sieht man, wie eine junge Frau die Treppe zum Bahnsteig der U8 hinunter geht und ein Mann mit Bierflasche in der Hand ihr folgt. Er tritt ihr in den Rücken. Die Frau kommt ins Straucheln, fällt und stürzt mit dem Gesicht zuerst auf den Bahnsteig. Auf dem Video sind weitere Männer zu sehen, die möglicherweise zu dem Gewalttäter gehören. Fahrgäste helfen der verletzten Frau auf dem Bahnsteig, die Gruppe zieht unterdessen weiter.

Die Polizei bestätigte gegenüber der Morgenpost den Vorfall. Es liege eine Anzeige vor. Das Opfer musste ambulant behandelt werden. Die Kripo ermittelt wegen schwerer Körperverletzung.

Unklar ist, wie das Video an die Öffentlichkeit gelangte. Denn noch liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft. Eine Entscheidung, ob es überhaupt eine Öffentlichkeitsfahndung geben wird, ist noch nicht gefallen. Erst soll geprüft werden, ob die Frau einen der Tatverdächtigen in der Lichtbildkartei wiedererkennt. „Eine Veröffentlichung der Videoaufnahmen ist eigentlich das letzte und nicht das erste Mittel“, so eine Polizeisprecherin zur Morgenpost. Innerhalb der Behörde sorgt der Vorgang für einige Verwunderung. Es wird vermutet, dass mit der Veröffentlichung Druck auf Staatsanwaltschaft und Amtsgericht ausgeübt werden soll.

Denn eigentlich gibt es ein festgelegtes Prozedere, bevor ein Fall an die Öffentlichkeit gehe, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, der Morgenpost. „Das geschieht erst, wenn alle anderen Ermittlungsansätze nicht zielführend waren“, so Steltner weiter. Ob es in dem Fall der brutalen U-Bahn-Treter von der Hermannstraße überhaupt eine Öffentlichkeitsfahndung geben wird, ist laut Steltner unklar. Theoretisch müsste ein Amtsrichter dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgeben. Erst wenn das geschehen ist, werden die Aufnahmen veröffentlicht.

Laut BVG werden Videoaufnahmen 48 Stunden gespeichert. „Kurz nach der Tat gab es eine Anfrage aus dem Polizeiabschnitt 57“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz der Morgenpost. „Wir haben das Video gar nicht mehr“, so Reetz weiter. In den Anlagen der BVG wurden im vergangenen Jahr insgesamt 2296 Körperverletzungen zur Anzeige gebracht. 2014 waren es 2328.

Aus der Politik kamen unterdessen umgehend Forderungen nach einer besseren Videoüberwachung. „Wir müssen endlich diese ewigen Bedenken gegen eine moderne und zuverlässige Videoüberwachung fallen lassen“, schrieb die Neuköllner CDU-Bundestagsabgeordnete Christina Schwarzer und mutmaßt, dass die Täter wahrscheinlich längst in U-Haft sitzen würden, wenn die Kameras „glasklare Bilder“ liefern würden. Auf den Aufnahmen der BVG sind die Täter nur sehr verpixelt zu erkennen.