Berlin. 2016 haben 1700 Asylbewerber Berlin freiwillig verlassen. 1748 ausreisepflichtige Personen wurden abgeschoben.
In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind bereits 1700 Flüchtlinge freiwillig aus Berlin ausgereist. Das hat die Berliner Morgenpost aus der Senatssozialverwaltung erfahren. Nach Angaben der Innenverwaltung wurden bis Ende Oktober zudem 1748 ausreisepflichtige Personen abgeschoben. Beide Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen. Im gesamten Jahr 2015 seien 806 abgelehnte Asylbewerber abgeschoben worden, 2014 seien es 602 gewesen, teilte eine Sprecherin der Innenbehörde mit.
Zu den freiwilligen Ausreisen liegen keine exakten Vergleichszahlen vor, da die Statistik der Ausländerbehörde in dieser Form erst seit Anfang dieses Jahres geführt wird. Allerdings bestätigte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) der Morgenpost, dass ein sehr deutlicher Anstieg zu registrieren sei. Das lasse sich bereits an den Zahlen der Flüchtlinge ablesen, die die vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) angebotene Rückkehrberatung in Anspruch genommen haben.

Dort hätten sich in den ersten drei Quartalen dieses Jahres 912 Menschen beraten lassen, fast dreimal so viele wie im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Insgesamt seien in dieser Zeit Anträge auf freiwillige Ausreise für mehr als 2400 Flüchtlinge gestellt worden, doppelt so viele wie 2015. Rund 1400 Flüchtlinge hätten die Stadt bis Ende September bereits verlassen, sagte der Senator, weitere 200 dann im Oktober. Im vergangenen Jahr wurden in den ersten neun Monaten nur gut 930 Ausreisen registriert. Die häufigsten Zielstaaten, in die in diesem Jahr die freiwilligen Ausreisen erfolgten, sind laut Ausländerbehörde Irak (25 Prozent), Afghanistan (20 Prozent) und Albanien (zehn Prozent).
Kommentar: Enttäuschte Erwartungen
Enttäuschte Erwartungen an eine Zukunft in Deutschland
„Einerseits haben die deutlich gestiegenen Abschiebezahlen und die Form der unangekündigten Abschiebungen bei den Ausreisepflichtigen nun auch zu verstärkter eigenständiger Rückkehr geführt“, sagte Sozialsenator Czaja. Andererseits lägen die Gründe in enttäuschten Erwartungen an eine Zukunft in Deutschland. So sei etwa die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen häufig nur schwer zu erreichen. Zudem gebe es auf dem engen Wohnungsmarkt für die Flüchtlinge nur geringe Chancen auf ein bezahlbares Quartier. Zu den enttäuschten Erwartungen tragen nach Ansicht von Mitarbeitern der Flüchtlingshilfe auch die Dauer der Asylverfahren, die unbefriedigende Unterbringung in den Notunterkünften sowie falsche Versprechungen von Schleusern bei.
In diesem Jahr habe es bereits 20 Sammelabschiebungen mit Charterflugzeugen gegeben, teilte die Innenverwaltung mit. Darüber seien mehr als 80 Prozent der 1748 Betroffenen abgeschoben worden, vor allem nach Serbien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und in den Kosovo. Ingesamt lebten Ende September rund 9500 ausreisepflichtige Personen in Berlin.
Auch die Zahl der Flüchtlinge, die neu nach Berlin kommen, ist stark rückläufig. Bis Ende Oktober waren es rund 15.000, im Vergleichszeitraum 2015 dagegen 55.000.