Zwei Millionen Euro kostete die Halle. Sie sollte als Freizeitbereich für geflüchtete Jugendliche dienen. Jetzt soll sie wieder weg.

Sie ist strahlend weiß, hat annähernd zwei Millionen Euro gekostet – und ist offenbar weitgehend untauglich: die Leichtbauhalle auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Die sogenannte Blumenhalle gehört zur Notunterkunft für Flüchtlinge in den Hangars und wurde als Freizeitbereich für Kinder und Jugendliche eingerichtet. Diese Funktion erfüllt sie derart unzureichend, dass der Senat ernsthaft erwägt, sie wieder zu verkaufen.

Die Halle wäre im Winter „nur unter unwirtschaftlichen Bedingungen“ zu beheizen, berichtete nach Informationen der Berliner Morgenpost Jugendstaatssekretärin Sigrid Klebba in der Konferenz der Staatssekretäre. Daher werde angestrebt, die Freizeitaktivitäten in die Hangars zu verlegen. Diese Erkenntnis überrascht kaum, denn die „Wände“ der Halle bestehen aus ungedämmten Kunststoffplanen.

Den Leichtbau hatte die landeseigene Grün Berlin GmbH als Blumenhalle für die Internationale Gartenschau 2017 in Marzahn gekauft. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle im vergangenen Herbst wollte ihn der Senat ausleihen und zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionieren. Schnell wurde aber, eben wegen der Konstruktion, klar, dass er dazu nicht geeignet ist. So entstand die Idee für den Freizeitbereich, auch der wurde benötigt.

So leben die Flüchtlinge im Flugfhafen Tempelhof

Blick in einen der Hangars am ehemaligen Flughafen Tempelhof. Mehr als 2200 Flüchtlinge leben hier in abgetrennten Buchten unter schwierigen hygienischen Verhältnissen.
Blick in einen der Hangars am ehemaligen Flughafen Tempelhof. Mehr als 2200 Flüchtlinge leben hier in abgetrennten Buchten unter schwierigen hygienischen Verhältnissen. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Mehr als 70 Zelte, die zuvor in einer Kaserne in Spandau standen, wurden in den Flugzeugenhallen aufgebaut.
Mehr als 70 Zelte, die zuvor in einer Kaserne in Spandau standen, wurden in den Flugzeugenhallen aufgebaut. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Doppelstockbetten stehen auf engstem Raum. Privatsphäre gibt es kaum.
Doppelstockbetten stehen auf engstem Raum. Privatsphäre gibt es kaum. © dpa | Bernd Von Jutrczenka
Ein kleines Mädchen steht verloren zwischen den Zelten. Gut ein Drittel der Bewohner sind Kinder.
Ein kleines Mädchen steht verloren zwischen den Zelten. Gut ein Drittel der Bewohner sind Kinder. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Die Geborgenheit eines Zuhauses gibt es hier für sie nicht.
Die Geborgenheit eines Zuhauses gibt es hier für sie nicht. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Ein wenig Spaß mit dem Kinderzirkus: Freiwillige Helfer versuchen, den Kindern Beschäftigung zu bieten.
Ein wenig Spaß mit dem Kinderzirkus: Freiwillige Helfer versuchen, den Kindern Beschäftigung zu bieten. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Die Kinder können spielen und die schwierigen Lebensumstände für einen Moment vergessen.
Die Kinder können spielen und die schwierigen Lebensumstände für einen Moment vergessen. © dpa | Bernd von Jutrczenka
An einer der wenigen Steckdosen laden die Erwachsenen ihre Mobiltelefone auf. Das Handy ist oft die einzige Verbindung zu den Familien in ihren Heimatländern.
An einer der wenigen Steckdosen laden die Erwachsenen ihre Mobiltelefone auf. Das Handy ist oft die einzige Verbindung zu den Familien in ihren Heimatländern. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Die hygienische Infrastruktur in den Hangars ist schlecht. Es gibt nur Mobil-Toiletten und Waschbecken in Containern. Zum Duschen müssen die Menschen in Bäder gefahren werden.
Die hygienische Infrastruktur in den Hangars ist schlecht. Es gibt nur Mobil-Toiletten und Waschbecken in Containern. Zum Duschen müssen die Menschen in Bäder gefahren werden. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Noch nicht fertiggestellte Dusch- und Toilettenkabinen stehen in einem Hangar. Der Betreiber der Notunterkunft will die sanitären Verhältnisse dringend verbessern.
Noch nicht fertiggestellte Dusch- und Toilettenkabinen stehen in einem Hangar. Der Betreiber der Notunterkunft will die sanitären Verhältnisse dringend verbessern. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Tausende Menschen müssen täglich mit Lebensmitteln versorgt werden.
Tausende Menschen müssen täglich mit Lebensmitteln versorgt werden. © dpa | dpa
Privatsphäre und Geborgenheit gibt es für die Menschen, die hier leben, kaum.
Privatsphäre und Geborgenheit gibt es für die Menschen, die hier leben, kaum. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Zur Ungewissheit, was die Zukunft bringt, kommt die Langeweile. Es gibt in der Notunterkunft nur wenig zu tun.
Zur Ungewissheit, was die Zukunft bringt, kommt die Langeweile. Es gibt in der Notunterkunft nur wenig zu tun. © dpa | Bernd von Jutrczenka
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Kein Brandschutz: Eröffnung um Monate verschoben

Dann aber begann eine Kette von Merkwürdigkeiten und Pannen. Die Eröffnung der Freizeithalle verzögerte sich zunächst monatelang, weil kein Brandschutz vorhanden war. Schließlich wurde eine Zwischennutzung genehmigt, allerdings nur für einen Teil der Halle. Für das pädagogische Angebot während dieser Zwischennutzung stellte die Senatsjugendverwaltung 250.000 Euro bereit, betonte aber stets, dass die Verantwortung für die Halle bei der Senatssozialverwaltung liege. Diese kaufte die Halle von Grün Berlin für knapp zwei Millionen Euro. Um dort, wie eigentlich geplant, längerfristig Sport, künstlerische und handwerkliche Betätigungen sowie Zirkusarbeit anzubieten, sollte die Halle für 650.000 Euro aus dem Etat der Sozialverwaltung eingerichtet werden.

Interaktiv: 360 Grad – So leben Flüchtlinge in Berlin

Doch stattdessen soll die Halle nun wieder abgebaut und eingelagert oder verkauft werden. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten prüfe, „unter welchen Konditionen eine Veräußerung der Halle möglich sei“, bestätigte Sozialstaatssekretär Dirk Gerstle der Morgenpost. Wegen der inzwischen geringeren Belegung der Notunterkunft sei es möglich, im Hangar vier einen Freizeitbereich zu schaffen. Gerstle ist zuversichtlich, den Kaufpreis zurückzuerhalten.