Biologie-Unterricht: Schulen in Berlin werden testweise mit VR-Brillen und Tablets ausgestattet
Schüler der Evangelischen Schule im Zentrum in Mitte dürften in den kommenden Wochen deutlich mehr Spaß am Biologieunterricht haben. Dabei ist das Thema, das behandelt werden soll, nicht gerade beliebt bei den Siebt- und Achtklässlern. Es geht um die Verdauungsprozesse im menschlichen Körper, darum, welche Enzyme dazu nötig sind und wie sie wirken. Um den Weg der Nahrung durch den Verdauungstrakt.
Der Unterricht soll spannender werden
Milan Smalla, Biologielehrer an der Evangelischen Schule im Zentrum, wird in den kommenden Tagen einen Klassensatz VR-Brillen erhalten, mit denen seine Schüler Ausflüge in die virtuelle Realität (VR) machen können. Außerdem dazugehörige Smartphones und Tablets. „Mithilfe dieser neuen digitalen Technik werden wir uns ganz anders mit dem Thema Verdauung beschäftigen können“, sagt er. Bisher sei dieser Unterrichtsstoff für die meisten Schüler ziemlich langweilig gewesen. Sie hätten sich wenig darunter vorstellen können, Die schematischen Darstellungen in den Lehrbüchern seien zudem sehr theoretisch. Das soll nun anders werden.
Smalla hofft, dass der Unterricht mit VR-Brille und Tablet seine Schüler motivieren und sie länger bei der Stange halten wird. „Alles was mit neuer Technik zu tun hat, macht ihnen Spaß und erhöht ihre Aufmerksamkeit“, sagt er. Viele hätten schon Erfahrung mit solchen Brillen, beim Computerspielen etwa. Wissenschaftler haben zudem herausgefunden, dass Menschen das, was sie mit einer VR-Brille sehen, im Hirn dort abspeichern, wo Erfahrungen abgespeichert werden. Das führt dazu , dass sie das Gelernte stärker verinnerlichen.
Die App für die Unterrichtseinheit zum Verdauungsprozess haben Mitarbeiter des Cornelsen Verlags entwickelt. Die Firma Samsung hat die dazu notwendige Technik bereitgestellt. Deutschlandweit soll die digitale Unterrichtseinheit zunächst einige Wochen lang an sieben Schulen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Berlin getestet werden. Mark van Mierle, Vorsitzender der Geschäftsführung des Cornelsen Verlags, sagt, dass man sehen wolle, wie sich der Unterricht verändert und ob der Lernerfolg der Schüler größer wird durch den Einsatz der digitalen Technik. „Schließlich wird auf diese Weise abstraktes Wissen mit emotionalen Erfahrungen verbunden, komplexe Prozesse werden erlebbar gemacht.“
In Berlin gehören die Evangelische Schule im Zentrum und das Treptower Archenhold-Gymnasium zu den Testpartnern des Cornelsen Verlags. Schüler der siebten und achten Klassen dieser Schulen werden demnächst im Bio-Unterricht auf virtuelle Entdeckungsreise durch den menschlichen Verdauungstrakt gehen. Live werden sie dabei miterleben, welchen Weg ein Bissen Nahrung durch den menschlichen Körper nimmt und welche biochemischen Prozesse dabei ablaufen.
Der digitale Unterricht ist so geplant, dass immer zwei Schüler zusammenarbeiten. Susanne Rupp, Leiterin der E-Didaktik des Cornelsen-Verlags: „Einer wird das Tablet bedienten, der andere mithilfe der Brille durch den Körper reisen.“ Gemeinsam müssten beide immer wieder bestimmte Fragen zum Thema beantworten, um auf der Reise durch den Verdauungstrakt weiterzukommen. „Natürlich sollen sich die Schüler auch abwechseln, damit jeder mal die Brille aufsetzen kann.“
Schüler sollen die neue Lernmethode bewerten
Der Lehrer kann auf seinem Tablet sehen, wie weit die jeweiligen Schülergruppen sind und wo es Probleme gibt. Er kann jederzeit die virtuelle Reise unterbrechen, um einzelnen Schülern zu helfen oder auch die ganze Klasse auf bestimmte Zusammenhänge aufmerksam zu machen.
Biologielehrer Milan Smalla von der Evangelischen Schule im Zentrum ist gespannt darauf, wie der digitale Unterricht bei seinen Schülern ankommen wird. Für ihn steht fest, dass so der Unterricht der Zukunft aussehen wird. „Bleibt die Frage, ob es sich jetzt schon lohnt, da in größerem Maße einzusteigen“, sagt er. Das hänge nicht unwesentlich von den Kosten ab, die auf die Schule zukämen, vor allem aber davon, ob das neue System für die Schüler geeignet ist. „In der Testphase werde ich meinen Schülern viel Freiraum lassen, mit den VR-Brillen und den Tablets umzugehen“, sagt er. Die Schüler sollen protokollieren, wie sie damit klarkommen und was es ihnen bringt.
Dazu, was die VR-Brillen und die Tablets kosten werden, wollten sich am Dienstag weder die Mitarbeiter vom Cornelsen Verlag noch die von Samsung äußern. Man müsse erst die Testphase abwarten und sehen, was noch verändert werden muss, hieß es.