Als Streitthema Nummer eins in den Koalitionsverhandlungen der Arbeitsgruppe Bildung hat sich der Umgang mit den Gymnasien herauskristallisiert. Konkret geht es um die Abschaffung des Probejahres an den Gymnasien. Der Dissens in dieser Frage ist so groß, dass in der Arbeitsgruppe nach Informationen der Berliner Morgenpost nicht mehr darüber entschieden wird. Das Thema dürfte also in der großen Runde mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) wieder auf den Tisch kommen.
Die Ausgangslage
In Berlin entscheidet über die Aufnahme am Gymnasium nicht das Zeugnis, sondern der Elternwille. Gefragte Gymnasien können zwar einen Großteil der Schüler nach dem Notenschnitt auswählen, 30 Prozent der Schüler werden aber per Los aufgenommen, unabhängig von den Noten. Die Förderprognose der Grundschulen gilt als Empfehlung. Wer sein Kind trotz schlechter Noten am Gymnasium anmeldet, erhält auf jeden Fall an dieser Schulform einen Platz. Dafür gibt es das Probejahr. Wer es nicht schafft, muss auf die Sekundarschule wechseln, und das Abitur in 13 statt in zwölf Jahren machen. Die Gymnasien sehen ihre Schulform ohne Probejahr gefährdet, weil dann die Leistungsfähigkeit der Schüler nicht garantiert wäre.
Die Probleme
Die Linke will das Probejahr am Gymnasium abschaffen. Alle Schüler sollen unabhängig von den Leistungen auch an dieser Schulform zu einem Abschluss geführt werden. Ohnehin ist die ideale Schulform der Zukunft für die Linke die Gemeinschaftsschule, in der alle Schüler von der ersten Klasse bis zur 13. Klasse zusammen lernen. Auch die Grünen sehen das Probejahr an den Gymnasien kritisch. Sie haben als Kompromiss vorgeschlagen, zunächst an Modellschulen das Probejahr abzuschaffen. Die SPD will sich darauf offenbar nicht einlassen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) steht bekanntermaßen einer Abschaffung skeptisch gegenüber. Es sei vor allem im Interesse der Kinder, die sonst überfordert werden könnten.
Wer verhandelt
Die Positionen der SPD vertritt Staatssekretär Mark Rackles. Die Grünen schicken Hans-Jürgen Kuhn. Der 63-Jährige arbeitet seit 1991 als Referatsleiter im Brandenburger Bildungsministerium. Die Linke vertritt Tobias Schulze, Experte für Hochschulpolitik.